Paul Ehrlich-Preis

Forschung zur Immuntherapie gegen Krebs ausgezeichnet

Die Verleihung des diesjährigen Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preises am Wochenende stand ganz im Zeichen der Immuntherapie gegen Krebs. Zwei US-Forscher teilen sich die begehrte Auszeichnung.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:

FRANKFURT AM MAIN. Den international renommierten Preis teilen sich die beiden Immunologen Professor James P. Allison und Professor Carl H. June.

Allison forscht am University of Texas MD Anderson Cancer Center in Houston und June an der Perelman School of Medicine der Universität Pennsylvania in Philadelphia.

Die Begründung des Paul-Ehrlich-Stiftungsrates für die Entscheidung: "Bei der Immuntherapie wird nicht mehr der Tumor behandelt, sondern das Immunsystem. Sie steht für ein neues Therapieprinzip in der Onkologie."

Wie sehr das Augenmerk der Onkologen auf die Immuntherapie gerichtet ist, spiegelt die Tatsache wider, dass das Wissenschaftsmagazin "Science" Ende 2013 die Immuntherapie gegen Krebs als "Breakthrough of the Year" adelte.

Checkpoints hemmen

Die diesjährigen Preisträger: Professor Carl H. June (l.) und Professor James P. Allison.

Die diesjährigen Preisträger: Professor Carl H. June (l.) und Professor James P. Allison.

© [M] Penn Medicine / UT MD Anderson Cancer Center

Allison und June wählten in ihrer Forschung zwei unterschiedliche Wege, um dem blockierten Immunsystem gegen Krebs gewissermaßen auf die Sprünge zu helfen. Der Texaner versuchte als Erster, jene Signalwege, die das Immunsystem gegen Krebs in Schach halten - sogenannte Checkpoints -, zu hemmen.

Vor fast 20 Jahren gelang es ihm tatsächlich, nachdem das Molekül CTLA-4 (Cytotoxic T-Cell Antigen) als ein solcher negativer Regulator auf T-Lymphozyten identifiziert worden war, im Tierversuch durch Hemmung dieses Moleküls die Aktivität von T-Zellen gegen Tumorzellen zu steigern (Science 1996; 271 (5256): 1734-1736).

Der Erfolg dieses Ansatzes: Manche zuvor krebskranken Tiere waren auch 70 Tage nach der Behandlung noch immer tumorfrei.

Schon Ende der 1990er-Jahre hat Allison gemeinsam mit dem heute zu Bristol Myers Squibb gehörenden Unternehmen Medarex einen therapeutischen Antikörper entwickelt, der gegen CTLA-4 gerichtet ist und das Molekül blockiert.

Inzwischen steht der Antikörper Ipilimumab nach der Zulassung Mitte 2011 auch in Deutschland zur Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenen nicht resezierbaren oder metastasierten Melanomen zur Verfügung.

Es ist das erste zugelassene Medikament aus der Gruppe der Checkpoint-Inhibitoren, dem inzwischen weitere folgten, etwa Nivolumab. Durch eine Ipilimumab-Therapie überlebt etwa jeder fünfte Melanompatient bis zu zehn Jahre.

Emily Whitehead geheilt

Auch June erforscht die Rolle von T-Zellen zur Bekämpfung von Tumoren, wählte jedoch einen anderen Ansatz und eine andere Tumorart als Allison.

Bei der als CART-19-Therapie bezeichneten Strategie stattet June mithilfe von Viren als Genfähren ex vivo die T-Zellen von Patienten, die an einer B-Zellleukämie erkrankt sind, mit einem speziellen chimären T-Zellrezeptor aus.

Dieser bindet an das Oberflächenmolekül CD19, das außer auf B-Zellen auch auf Leukämiezellen sitzt. Die patienteneigenen T-Zellen mit den CAR-Molekülen werden vermehrt und reinfundiert.

Inzwischen hat June mit seinen Kollegen den Therapieansatz in mehreren Studien etwa bei Patienten mit chronischer oder akuter lymphatischer Leukämie geprüft, bei einigen Patienten mit beindruckendem Erfolg.

Paradebeispiel ist der Therapieerfolg bei dem US-Mädchen Emily Whitehead: Sie erkrankte 2010 mit fünf Jahren an akuter lymphatischer Leukämie. Mit nur einer Reinfusion ihrer genetisch veränderten Lymphozyten 2012 wurde eine komplette Remission erzielt, die bis heute anhält.

Inzwischen engagieren sich auch Unternehmen bei solchen CAR-Strategien, bei der CART-19-Therapie ist es Novartis. Auch bei Patienten mit Pankreaskrebs wird die Strategie geprüft.

Sorgen bereitet den Ärzten, dass es durch die Zelltherapie zur massiven Freisetzung von Zytokinen kommt, zum CRS (Cytokine Release Syndrome). Es geht etwa mit hohem Fieber im Zusammenhang mit der Vermehrung der T-Zellen und den Folgen der Bekämpfung der Krebszellen einher.

Noch haben die Ärzte keine optimale Strategie, um dem CRS effektvoll zu begegnen. Geprüft wird unter anderem eine Zytokinblockade.

Allison seit 1985 Professor für Immunologie

Allison wurde 1948 in Alice in Texas geboren. Nach seinem Biologiestudium und der Weiterbildung als Postdoc zum Immunologen in den 1970er-Jahren wurde er 1985 Professor für Immunologie.

Nach seiner Zeit als Direktor des Ludwig Center for Cancer Immunotherapy in New York kehrte er an das MD Anderson Cancer Center in Houston zurück.

June wurde 1953 in Denver im US-Staat Colorado geboren. Nach seinem Biologie- und Medizin-Studium forschte er bei der Weltgesundheitsorganisation.

Der Facharzt für Innere Medizin und Medizinische Onkologie ist seit Ende der 1990er Jahre Professor an der University of Pennsylvania School of Medicine in Philadelphia. (ple)

Morbus Crohn: Antikörperspray als Diagnostikum

Mit dem Paul Ehrlich-Nachwuchspreis wird ein Internist aus Erlangen für die Entwicklung eines Diagnostikums geehrt, mit dessen Hilfe sich die Crohn-Therapie optimieren lässt.

Bei Morbus Crohn spricht nur etwa jeder Zweite auf eine Therapie mit einem Antikörper gegen TNF-alpha an. Da bei den anderen Patienten die Symptome nicht gelindert werden, sie aber anfälliger für unerwünschte Wirkungen der Antikörper sind, etwa vermehrte Infektionen oder allergische Reaktionen, machte sich Professor Raja Atreya vom Uniklinikum in Erlangen auf die Suche nach einer Methode, mit der sich ein Ansprechen auf diese Therapie vorhersagen lässt.

Gemäß der Vorstellung, dass TNF-alpha-Antagonisten im Darm nur dort wirken, wo sich TNF-Moleküle befinden, hat er ein Spray entwickelt, mit dem sich diese Moleküle auf der Darmschleimhaut sichtbar machen lassen. Er koppelte dazu anti-TNF-Antikörper mit fluoreszierenden Molekülen und applizierte sie per Sprühkatheter in einer kleinen Studie mit 25 Crohn-Patienten auf die Darmschleimhaut (Nat Med 2014; 20/3: 313-320).

Mithilfe der fluoreszenzbasierten konfokalen Endomikroskopie wurden jene Schleimhautregionen nachgewiesen, in denen TNF-alpha-Moleküle auf den Zellmembranen vorhanden waren. In der Studie stellte Atreya fest, dass bei Patienten mit vielen TNF-Molekülen auf der Schleimhaut die Ansprechrate auf die Antikörpertherapie innerhalb von zwölf Wochen deutlich größer war als bei Patienten mit geringen TNF-Mengen (92 versus 15 Prozent). Das Diagnostikum soll nun in größeren Studien weiter getestet werden. (ple)

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