Frankfurt

Frühchen stirbt nach Nosokomialinfektion

Tragische Nachricht für die Eltern eines Neugeborenen: In Frankfurt ist ein Frühchen nach einer Keiminfektion gestorben. Die Klinik sucht die Ursache.

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Gefährdetes Leben: Ein Frühchen im Inkubator (Archivbild).

Gefährdetes Leben: Ein Frühchen im Inkubator (Archivbild).

© Wolfgang Kumm / dpa

FRANKFURT/MAIN. An einer Frankfurter Klinik ist ein Frühchen nach einer Nosokomialinfektion gestorben. Der Junge sei bereits am 19. Dezember akut erkrankt und bereits kurz darauf am Folgetag gestorben, teilte das Bürgerhospital Frankfurt am Freitag mit.

Drei weitere Säuglinge auf der Neonatologie seien mit einem anderen Keim besiedelt, teilte die Klinik am Freitag auf einer Pressekonferenz mit. Die Kinder seien allerdings nicht erkrankt.

Der gestorbene Säugling war den Informationen zufolge Anfang Dezember in der 25. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen. Das Geburtsgewicht soll gerade einmal bei 770 Grammgelegen haben.

Ein mikrobiologisches Screening des Frühgeborenen am 17. Dezember seit zunächst noch ohne Befund gewiesen, hieß es. Doch zwei Tage später entwickelte das Kind offenbar eine fulminante Bakteriämie, die schnell zu einer Sepsis führte. Trotz intensivmedizinischer Therapie starb der Junge.

"Der Gesundheitszustand des Jungen hat sich am Abend des 19. Dezember rapide verschlechtert. Er konnte nicht mehr allein atmen", sagte Dr. Silke Ehlers, Oberärztin auf der neonatologischen Station. "Auch nach der Behandlung mit Antibiotika hat sich sein Zustand verschlimmert."

Das Bürgerhospital geht von einer "nachgeburtlichen Infektion während des Krankenhausaufenthaltes" aus. Deswegen wurden Medienberichten zufolge in Absprache mit den Behörden und Hygienebeauftragten "die notwendigen Maßnahmen ergriffen".

Derzeit würden engmaschige Untersuchungen vorgenommen. Auf der Neonatologie würden Proben zur mikrobiologischen Untersuchung genommen. Vorsorglich würden keine weiteren Frühchen auf der Intensivstation aufgenommen.

Frühgeborene sollen künftig zweimal wöchentlich mikrobiell gescreent werden. Die KRINKO hatte im Herbst ihre Empfehlungen für das Kolonisationsscreening neonatologischer Intensivpflegepatienten auf einmal wöchentlich erhöht (Epid Bull 2013; 42: 423). In den vorigen Empfehlungen galt dies nur für Frühgeborene unter 1500 Gramm Geburtsgewicht.

Quelle bislang unklar

Details zum Erreger und dessen möglichem Resistenzspektrum wurden zunächst nicht bekannt. Die Rede ist von einer Enterobacterbakteriämie. Eine genaue Typisierung lag am Freitag zunächst nicht vor. Da die rasche Antibiose jedoch keinen Erfolg brachte, muss von einem (multi-)resistenzbildenden Erreger ausgegangen werden.

Auch die Eintrittspforte ist momentan noch unklar. "Wir wissen derzeit noch nicht, wie der Keim auf die Station gelangen konnte", sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums, Privatdozent Oliver Schwenn, am Freitag. Allerdings ist es nicht selten, dass die Infektionsquelle bei solchen Vorfällen nie gefunden wird.

Die Eltern des toten Säuglings erheben derweil schwere Vorwürfe gegen das Bürgerhospital. Medienberichten zufolge wollen sie eine Reinigungskraft dabei beobachtet haben, wie sie die Station ohne Kleidungswechsel betreten haben soll. Die Klinik wies dies als mögliche Ursache zurück.

Die Eltern des Kindes sollen Anzeige erstattet haben. Offenbar ermittelt die Staatsanwaltschaft bereits, in dem Krankenhaus sollen Unterlagen beschlagnahmt worden sein. Außerdem soll der Leichnam des Jungen obduziert werden.

Bei den drei anderen Frühchen sei ein Keim gefunden worden, der Ähnlichkeiten mit dem aufweise, an dem der Junge gestorben sei, hieß es am Freitag seitens der Klinik. Die Kinder seien aber nicht gefährdet, jedoch vorsorglich isoliert worden, sagte der ärztliche Direktor. Insgesamt befinden sich seinen Angaben nach sechs Frühchen auf der Station.

Bedeutende Erreger der Gattung Enterobacter sind E. cloacae und E. aerogenes. Hauptauslöser neonataler Meningitiden und der bakteriellen Sepsis ist vor allem E. sakazakii.

Laut Literaturangaben haben sich bei Enterobacter signifikant Antibiotikaresistenzen gebildet. Damit sind die Erreger zu bedeutenden Pathogenen in der Klinik geworden. So sind etwa Cephalosporine der ersten und zweiten Generation kaum noch wirksam.

Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1000 Gramm haben per se ein erhöhtes Risiko, die ersten Wochen auf der Welt nicht zu überleben. Auch ein kurzes Gestationsalter unter 25 Wochen stellt ein enormes Risiko dar. Experten gehen davon aus, dass jedes dritte dieser Frühchen stirbt.

Das größte Risiko für den Tod bleiben Infektionen. Die kleinen Säuglinge haben ein noch wenig ausgebildetes Immunsystem und sind selbst im Klinikbereich einer Vielzahl von Keimen ausgesetzt.

Das Risiko für eine Besiedelung oder gar Infektion ist entsprechend hoch. So beträgt die Inzidenz für eine Sepsis bei ihnen im Schnitt 20 Prozent, die Letalität liegt zwischen fünf und 20 Prozent (Chemother J 2011; 20(1): 1). (nös)

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