Hautkrebsraten steigen

Gefährlicher Sommer für die Haut

Sonne satt seit April. Der ein oder andere Sonnenbrand mag da schnell vergessen sein. Die Haut aber vergisst nicht. Ärzte warnen nun eindringlich vor steigenden Hautkrebsraten.

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Schutz vor UV-Strahlung: Hier hilft ordentlich Sonnencreme. Doch das Krebsrisiko wird dadurch offenbar nicht ausreichend verringert.

Schutz vor UV-Strahlung: Hier hilft ordentlich Sonnencreme. Doch das Krebsrisiko wird dadurch offenbar nicht ausreichend verringert.

© roxcon / Fotolia

STUTTGART. Ordentlich Sonnencreme mit Schutzfaktor 50 – das schützt ja vor Hautkrebs. So die verbreitete Annahme. "Ein Irrglaube", warnt nun der Tübinger Hautkrebsexperte Claus Garbe. Es sei nicht so, dass die Haut durch Sonnenschutzmittel komplett vor Hautkrebs geschützt werden könne. "Vor Sonnenbrand ja, vor Hautkrebs nicht."

Schon sehr niedrige Dosen UV-Strahlung verursachten Veränderungen des Erbguts in der Haut, die das Krebsrisiko vergrößern können, erinnert der Dermatologe an der Eberhard Karls Universität Tübingen. "Sobald die Haut braun wird, sind schon Mutationen ausgelöst."

Garbe, Tagungspräsident des Deutschen Hautkrebskongresses, der am Donnerstag in Stuttgart beginnt, verweist dazu auf das "überraschende Resultat" einer Studie mit rund 1800 Kindergartenkindern, nach der Sonnenschutzmittel keinen Effekt auf die Entwicklung von Hautmutationen hatten (Am J Epidem; 2005, doi.org/10.1093/aje/kwi086). Schutz durch Kleidung dagegen habe hingegen einen deutlichen Unterschied ausgemacht.

Gefährlich an diesem Sommer sei vor allem der plötzliche und frühe Start gewesen, erklärt Ralph von Kiedrowski vom Vorstand des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD). "Es war kein langsames Vorbräunen, keine Gewöhnung der Haut möglich." Zwar mache ein Sonnenbrand allein noch keinen Hautkrebs. "Aber die Haut addiert auf." Im Laufe des Lebens wachse der aufsummierte Schaden - und die Wahrscheinlichkeit für Hautkrebs steige.

Solange die Menschen das ausgiebige Sonnenbaden nicht sein ließen, solange braun sein "in" sei, stiegen die Hautkrebsraten wohl weiter, warnt auch Garbe. Bis 2030 sei eine Verdoppelung bei der Zahl der Neuerkrankungen zu erwarten. Dann gebe es in Deutschland so viele neue Fälle von Hautkrebs im Jahr wie bei allen anderen Krebsarten zusammen.

Garbe verweist auf weitere Zahlen: Gab es in den 50er Jahren nur einen Fall des malignen Melanoms in Deutschland auf 100.000 Menschen pro Jahr, waren es in den 90er Jahren bereits 8 Fälle und im Jahr 2010 rund 25. Für das Jahr 2030 würden 45 Fälle prognostiziert.

Experten sehen in den ungebremst steigenden Fallzahlen die späten Folgen UV-bedingter Hautschäden in Kindheit und Jugend sowie nach freizeit- und berufsbedingter, langjähriger Sonneneinstrahlung. Je intensiver und anhaltender die Haut der UV-Strahlung ausgesetzt war, desto höher ist das Krebsrisiko.

Vor allem beim schwarzen Hautkrebs gehen Experten davon aus, dass er durch akute UV-Überbelastung vor allem im Kindesalter bedingt ist. Der weiße Hautkrebs hingegen betrifft vor allem Langzeiturlauber, aber auch Bauarbeiter oder Dachdecker, die lange der Sonne ausgesetzt sind. (dpa)

So viele Hautkrebsfälle gibt es

Deutschlandweit erkranken derzeit jährlich mehr als 240.000 Menschen neu an Hautkrebs. Die Zahl der Fälle von schwarzem Hautkrebs wurden beim Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin zuletzt mit mehr als 21.000 im Jahr angegeben. Frauen erkranken demnach im Mittel mit 60 Jahren, Männer sieben Jahre später.

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