Lebensrettender Sommerhit

Herzmassage im Takt von "La Macarena"

Im kardiologischen Notfall sind viele Menschen unsicher. Ersthelfern könnte dann ein einfacher Trick Hilfe bei der lebensrettenden Herzmassage bieten: im Kopf still "La Macarena" mitsingen.

Von Alice Lanzke Veröffentlicht:
Im Notfall zählt bei einem Herzstillstand jede Minute. Eine Herzdruckmassage hält dann zumindest einen Minimalkreislauf.

Im Notfall zählt bei einem Herzstillstand jede Minute. Eine Herzdruckmassage hält dann zumindest einen Minimalkreislauf.

© Gina Sanders / stockadobe.com

BARCELONA. Mit dem Sommerhit "La Macarena" kann man Leben retten. Denn es können helfen, das richtige Tempo bei einer Wiederbelebung zu finden, berichteten Mediziner der Universität Barcelona auf dem Euroanaesthesia-Kongress in Kopenhagen. Ihren vorläufigen Studienergebnisse zufolge bessert sich Qualität der Herzdruckmassage, wenn Ersthelfer diesen Song im Kopf haben oder summen. Noch hilfreicher sei es, auf eine Smartphone-App als Taktgeber zurückzugreifen.

Zweifellos ist schnelle Hilfe bei einem Herzstillstand essenziell. Etwa drei bis fünf Minuten nach dem Herzstillstand wird das Gehirn dauerhaft geschädigt, nach zehn Minuten sinken die Überlebenschancen gen Null. Erhebungen belegen allerdings, dass in Deutschland gerade einmal 37 Prozent der Laien, die solch eine Situation beobachten, helfen. Zum Vergleich: In Skandinavien oder den Niederlanden sind es 70 Prozent. Eine Herzdruckmassage kann dann helfen, einen Minimalkreislauf zu erhalten.

Angst vor Fehlern bei der Herzdruckmassage bremst

Für die niedrige Quote gibt es laut Ralf Sick, Bereichsleiter Bildung, Erziehung und Ehrenamt der Johanniter-Unfall-Hilfe, verschiedene Gründe. Manche Menschen ekelten sich vor der Mund-zu-Mund-Beatmung oder hätten Angst vor ansteckenden Krankheiten; andere sorgten sich, bei der Herzdruckmassage Fehler zu machen und am Ende gar verklagt zu werden. "Es ist noch nie vorgekommen, dass ein Ersthelfer verklagt wurde", betont Sick.

Das Team um den Mediziner Enrique Carrero Cardenal vom Universitätsklinikum Barcelona untersuchte nun, welche Mittel dabei helfen könnten, den richtigen Rhythmus bei einer Herzmassage zu treffen.

Medizinstudenten übten an Dummys zum Sommerhit

Dafür wählten sie 164 Medizinstudenten der Universität Barcelona aus, die in drei Gruppen unterschiedliche Methoden der Herzdruckmassage an einem Dummy anwandten: Die Kontrollgruppe hatte gar keine Hilfsmittel, die zweite Gruppe nutzte eine Metronom-App auf ihrem Smartphone, die einen Rhythmus von 103 Schlägen pro Minute vorgab, die dritte sang im Kopf den Sommerhit "La Macarena".

Wie Enrique Carrero Cardenal bei der Euroanaesthesia 2018 berichtete, schafften sowohl in der Smartphone-Gruppe (91 Prozent) als auch in der Macarena-Gruppe (74 Prozent) mehr Probanden die ideale Frequenz von 100 bis 120 Komprimierungen pro Minute als in der Kontrollgruppe (24 Prozent). Keine der Gruppen erreichte allerdings die ideale Kompressionstiefe von fünf Zentimetern.

Insgesamt erzielte die Smartphone-Gruppe die beste Herzdruckmassage, konnte aber erst später damit anfangen, da die App zunächst gestartet werden musste. Die App wurde von den Probanden auch als am hilfreichsten bewertet. Für einen Start der Wiederbelebung ohne Verzögerung biete sich hingegen das mentale Singen von "La Macarena" an, erklärten die Forscher.

Auch "Staying Alive" wirkt

Das Ergebnis der spanischen Mediziner ist nicht die erste Empfehlung für einen Chart-Hit als innerem Metronom für die Herzmassage: In den USA wurde lange der Song "Staying Alive" von den Bee Gees als Taktgeber empfohlen, bei dem der Titel Programm ist. Auch in den Erste-Hilfe-Kursen der Johanniter wird mit Musik gearbeitet, erklärt Bereichsleiter Ralf Sick, insofern sei er dankbar für den empirischen Beleg aus Barcelona, dass Lieder bei der Wiederbelebung helfen können. (dpa)

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