"Kortisontablette bei COPD maximal 14 Tage!"

Patienten mit Exazerbation einer COPD brauchen eine effiziente Akuttherapie und eine effektive Prophylaxe. Stark senken lässt sich das Risiko für Exazerbationen durch leitliniengerechte Therapie, sagt Professor Heinrich Worth - getreu dem Motto des Welt-COPD-Tages: "Atemlos, aber nicht hilflos!"

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Die Spirometrie ist nicht nur wichtig für die Diagnose bei COPD, sondern etwa auch für die Beurteilung des Schweregrades einer Exazerbation.

Die Spirometrie ist nicht nur wichtig für die Diagnose bei COPD, sondern etwa auch für die Beurteilung des Schweregrades einer Exazerbation.

© Foto: Klaro

Ärzte Zeitung: Herr Professor Worth, COPD-Patienten haben um diese Zeit verstärkt Exazerbationen. Wie sind sie zu erkennen?

Professor Heinrich Worth: Gehen die Beschwerden wie Atemnot, Husten und Auswurf über die Tagesschwankungen hinaus und halten diese länger als einen Tag an, kann man von einer Exazerbation ausgehen. Die meisten Patienten klagen über eine Zunahme der Atemnot. Das heißt: Konnte zum Beispiel ein Patient vorher zwei Etagentreppen steigen, dann kommt er plötzlich nur noch eine Etage hoch oder gar nur eine halbe. Viele Patienten haben auch mehr Husten und mehr Auswurf. Ist das Sputum grün-gelblich gefärbt, spricht das für einen bakteriellen Atemwegsinfekt als Ursache der Exazerbation.

Ärzte Zeitung: Ist dann eine Sputumdiagnostik notwendig?

Professor Heinrich Worth ist Chefarzt der Med. Klinik I am Klinikum Fürth und Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga.

Worth: Nicht in jedem Fall. Indiziert ist sie etwa, wenn ein Patient mehr als drei Exazerbationen im letzten Jahr hatte. Dann kann es sich um Problemkeime handeln, und dann sollte man das Sputum untersuchen, um gezielt mit Antibiotika behandeln zu können. Eine Sputumdiagnostik ist auch sinnvoll, wenn ein Patient im letzten halben Jahr wegen einer Exazerbation stationär behandelt werden musste. Und natürlich immer dann, wenn eine bereits eingeleitete Antibiose innerhalb von 48 bis 72 Stunden nicht greift, also der Patient sich dann nicht deutlich besser fühlt.

Ärzte Zeitung: Patienten mit COPD-Exazerbation infolge einer bakteriellen Infektion benötigen aber nicht nur Antibiotika ...

Wort: Die übrige Therapie hängt vom Schweregrad der Exazerbation ab. Bei leichten Exazerbationen mit einer Abnahme der Einsekundenkapazität (FEV1) um maximal 20 Prozent des Ausgangswertes vor Beginn der Exazerbation eignen sich kurzwirksame Betamimetika (initial 100 bis 200 µg inhalativ) und/oder Anticholinergika (initial 250 bis 500 µg). Bei ausgeprägteren Exazerbationen genügt das häufig nicht. Dann sollten wir zusätzlich mit systemischen Kortikoiden behandeln. Bewährt hat sich eine orale Therapie mit 30 bis 50 mg Prednisolon pro Tag. Nach 10 bis maximal 14 Tagen sollte die systemische Kortisontherapie jedoch unverzüglich beendet werden.

Ärzte Zeitung: Welchen Stellenwert haben Mukopharmaka bei Exazerbationen einer COPD?

Worth: Die Wirksamkeit solcher Substanzen bei COPD-Exazerbationen ist bisher in wissenschaftlichen Studien nicht hinreichend belegt. Mit solchen Mitteln kann man allerdings bei stark verschleimten Patienten im Einzelfall Erfolge erzielen.

Ärzte Zeitung: Auch um diese Jahreszeit sind nicht alle Exazerbationen bei COPD durch Infekte bedingt ...

Worth: Ja, das stimmt. Viele COPD-Patienten haben Begleiterkrankungen, etwa eine Herzinsuffizienz. Auch diese kann zu Exazerbationen führen. Gelegentlich steckt auch eine Lungenembolie dahinter.

Ärzte Zeitung: Wann muss ein Patient mit Exazerbation in die Klinik?

Worth: Patienten mit schwerer Exazerbation sollten stationär behandelt werden. Zeichen dafür sind Ödeme, eine neu aufgetretene oder progrediente Zyanose, Bewusstseinstrübungen bis hin zu komatösen Zuständen sowie Tachykardien, Arrhythmien und Tachypnoe. Auch Patienten mit kardialer Begleiterkrankung sollen zur Sicherheit in die Klinik.

Ärzte Zeitung: Exazerbationen verschlechtern bekanntlich die Prognose der Patienten. Gibt es effektive Maßnahmen zur Prävention?

Worth: Ja, die gibt es. Als sehr wirksam hat sich außer der Raucherentwöhnung etwa die jährliche Grippeschutzimpfung, aber auch die Pneumokokkenimpfung erwiesen. Drastisch reduzieren lassen sich Exazerbationen auch durch eine strukturierte Patientenschulung. Damit kann man die Zahl der Exazerbationen im Mittel mindestens halbieren. Auch regelmäßiges körperliches Training wie Ausdauertraining oder Krafttraining senkt die Exazerbationsrate, und zwar im Mittel um 15 bis 20 Prozent. Dasselbe gilt für eine leitliniengerechte medikamentöse Behandlung. Dazu gehören je nach Schweregrad langwirksame Betamimetika, langwirksame Anticholinergika wie Tiotropium, bei schwerer und sehr schwerer COPD auch eine additive Therapie mit inhalativen Steroiden oder eine Kombinationstherapie aus langwirksamen Beta-2-Mimetika und inhalativen Steroiden.

Das Interview führte Ingrid Kreutz

Mehr Infos bietet die COPD-Leitlinie unter www.atemwegsliga.de sowie die Arbeitsgemeinschaft Lungensport in Deutschland unter: www.lungensport.org

Zur Person

Professor Heinrich Worth ist Chefarzt der Med. Klinik I am Klinikum Fürth und Vorsitzender der Deutschen Atemwegsliga.

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