Kühle Räume fördern das Abspecken

Eine Vorliebe für Schokotorte, Pommes und Cola, stundenlanges Sitzen auf Bürostuhl und Fernsehcouch - das sind sicher die Hauptgründe für die grassierende Adipositas-Epidemie. Doch auch (zu) gut geheizte Räume könnten Übergewicht begünstigen.

Von Angela Speth Veröffentlicht:
Mit dem Griff zum Thermostaten spart man Umweltenergie, kurbelt dafür den körpereigenen Umsatz an - und bleibt schlank.

Mit dem Griff zum Thermostaten spart man Umweltenergie, kurbelt dafür den körpereigenen Umsatz an - und bleibt schlank.

© Gina Sanders/fotoila.com

LONDON. Kann man dem Hüft- und Bauchspeck zu Leibe rücken, indem man die Heizung herunterdreht? Das stellen britische Forscher zur Diskussion: Demnach gehört das Wohnen in überwärmten Räumen zu den Ursachen, warum viele Menschen zu dick sind: in Deutschland zum Beispiel 15 Prozent der Kinder und 70 Prozent der Erwachsenen über 65.

In den vergangenen Jahrzehnten sei die Raumtemperatur in den USA und anderen hoch entwickelten Ländern stetig gestiegen, berichten die Wissenschaftler vom University College London in einer Übersicht (Obesity Reviews online).

So herrschten in den 70-er Jahren in britischen Wohnzimmern noch durchschnittlich 18 °C Grad, heute dagegen sind es 21 °C. Mittlerweile würden selbst die Schlafzimmer geheizt: in Großbritannien auf 18 °C, in den USA sogar auf 21°C.

Auch sonst wagen sich die meisten Menschen kaum noch in die Kälte: In klimatisierten Autos fahren sie zur Arbeit, und die Kinder gehen im Winter viel seltener nach draußen zum Spielen oder Schlittenfahren.

Mit dem Einbau von Zentralheizungen in immer mehr Häuser gleichen sich für die Bewohner die Temperaturen in Sommer und Winter zunehmend aneinander an. Folglich gewöhnen sie sich an die Wärmegrade, sodass sie bei einer Abkühlung früher zu frösteln beginnen.

Wer aber tiefe Temperaturen scheut, könnte auf zweierlei Art und Weise Fettpolster begünstigen: Zum einen wird der Umsatz von Energie, die zum Warmhalten des Körpers benötigt würde, heruntergeschraubt.

Und zum anderen verliert der Organismus nach und nach grundsätzlich die Fähigkeit, selbst Wärme zu produzieren, lautet eine weitere biologisch plausible Erklärung.

Ein körpereigenes Heizöfchen ist das braune Fettgewebe: Dieses "gute" Fett unterscheidet sich vom unerwünschten weißen dadurch, dass es Energie bereitstellt, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten.

Die Entstehung des braunen Fettgewebes wird durch Kälte gefördert. Umgekehrt verkümmert es nach neueren Studien jedoch, wenn Menschen sich immer mehr Zeit in kuscheliger Umgebung aufhalten.

Zur Prävention von Übergewicht empfehlen die Epidemiologen daher, milden thermischen Reizen nicht aus dem Weg zu gehen. Und sie geben einen spartanisch anmutenden Rat, der nicht nach jedermanns Geschmack sein dürfte: die Temperatur in Gebäuden auf 16 Grad zu senken.

Das entspreche einem Mehrverbrauch von 200 Kalorien am Tag. Nach 18 Tagen, rechnen sie vor, hätte man 3600 Kalorien zusätzlich verbrannt und damit ein ganzes Pfund abgenommen - vorausgesetzt man verzichtet auf einen Pullover und verzehrt keine Extraportionen.

Als weitere Adipositas-Auslöser zählen die Autoren auf: Mikroorganismen, Schlafmangel, erhöhtes Alter der Mütter oder die größere Fertilität dickleibiger Menschen, deren Nachwuchs wieder gehäuft pummelig ist.

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