Machen Kortikosteroide Zellen gegen Zytostatika resistent?

HEIDELBERG (bd). Erneut gibt es Hinweise auf die kontraproduktive Wirkung von Kortisonpräparaten in der begleitenden Therapie bei Patienten mit soliden Tumoren. Das haben Heidelberger Krebsforscher zum Anlaß genommen, die Überprüfung dieser Ergebnisse aus Zellkulturen und Tiermodellen in klinischen Studien zu fordern.

Veröffentlicht:

Die Wissenschaftler um Professor Ingrid Herr vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg haben zusammen mit Ärzten aus der dortigen Universitätsklinik frühere Ergebnisse bestätigt: Danach führen Glukokortikoide in vitro bei Zellen aus soliden Tumoren häufiger zu einer Resistenz gegen Chemo- oder Strahlentherapie.

Zudem scheine die Neigung eines Tumors zu metastasieren durch die Wirkung von Glukokortikoiden erhöht zu sein, so die Heidelberger Wissenschaftler in ihrer jüngsten Veröffentlichung in der Zeitschrift "Lancet Oncology" (7, 2006, 425).

Die Forscher haben Zellen aus gut einem Dutzend Krebstumoren, etwa der Lunge, Brust, Prostata, des Darms, der Bauchspeicheldrüse und des Nervengewebes untersucht und die schon früher beobachteten Resistenzen unter Glukokortikoiden bestätigen können.

    Die Krebsforscher testeten Zellen von fast einem Dutzend Tumorarten.
   

In mehr als 150 Gewebeproben der untersuchten Krebsarten wurde anhand von Zellinien, frisch isolierten Zellen aus Tumorgewebe und anhand von Tumortransplantaten, die Mäusen eingepflanzt wurden, tatsächlich gefunden, daß 85 Prozent der untersuchten Tumoren eine Resistenz gegen verschiedene Chemotherapien und Strahlentherapie entwickelten. Dies geschah unabhängig von den getesteten unterschiedlichen Kortisonpräparaten und bereits bei niedriger Dosierung.

In ihrem Beitrag in "Lancet Oncology" verweist die Forscherin auch auf frühere Berichte über verstärkte Metastasenbildungen etwa bei Patienten mit Brustkrebs und anderen Tumoren, wenn begleitend eine Kortisontherapie erfolgte. Sie vermutet, daß außer der Apoptosehemmung bei soliden Tumoren auch die Immunsuppression durch Kortikoide daran ursächlich beteiligt sein könnte.

Die Forscher warnen allerdings davor, aus diesen Ergebnissen im Labor und Tiermodell schon jetzt Konsequenzen in der Krebstherapie zu ziehen. "Auf keinen Fall weglassen", rät auch Dr. Johann W. Schmier vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg.

Die Ergebnisse seien zwar sehr interessant, jedoch nur Hinweise und sehr begrenzt auf Menschen übertragbar. Er gab zu bedenken, daß Dank des anti-emetischen Effekts der Glukokortikoide hochwirksame Chemotherapien möglich sind, die sonst viele Patienten nicht tolerieren würden. Bei jugendlichen Sarkompatienten jedoch lasse man Steroide inzwischen weg, um mögliche schädigende Effekte auszuschließen, so Schmier.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Heidelberger Interventionsstudie

Sport verbessert sexuelle Funktion von Frauen mit Brustkrebs

Sonderbericht

Erfolge der CML-Therapie mit besserer Verträglichkeit steigern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Subgruppenanalysen der Studie DAPA-CKD zum Einfluss von Alter, Geschlecht und Gebrechlichkeit auf di

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Dapagliflozin bei chronischer Nierenkrankheit (CKD):

Subgruppenanalysen der Studie DAPA-CKD zum Einfluss von Alter, Geschlecht und Gebrechlichkeit auf die Wirksamkeit

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Erfolge der CML-Therapie mit besserer Verträglichkeit steigern

© Springer Medizin Verlag

Erfolge der CML-Therapie mit besserer Verträglichkeit steigern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 2: TriMaximize-Studie: Verbesserung der Lebensqualität nach Umstellung auf extrafeine Dreifachfixkombination

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Mittelgradiges bis schweres Asthma bronchiale

Bessere Kontrolle und Lebensqualität unter inhalativer Triple-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Chiesi GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Eine Frau mit Insomnie liegt in ihrem Bett und kann nicht einschlafen.

© Marco / stock.adobe.com

Ansatz für die Prävention?

Schlafstörungen können Glaukom-Entstehung fördern

In der Grippe-Saison 2025/2026 in Europa wird die Influenza-Variante, A(H3N2) der Subklade K wahrscheinlich eine dominierende Rolle spielen.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Influenza A(H3N2) Subklade K

Grippe-Saison in diesem Jahr früher – ECDC rät zu Impfung