„Kollektives Versagen“

Mehr als 140.000 Masern-Tote 2018

Fast die Hälfte aller weltweiten Masernfälle ist 2018 in nur fünf Ländern aufgetreten. Vier europäische Länder haben ihren Status als masernfrei verloren.

Anne BäurleVon Anne Bäurle Veröffentlicht:
Masern werden auch in Industrieländern zunehmend zum Problem: Niedrige Impfraten machen es der Ausbreitung leicht.

Masern werden auch in Industrieländern zunehmend zum Problem: Niedrige Impfraten machen es der Ausbreitung leicht.

© Dr. Thomas G. Schätzler

Genf. Weltweit sind im Jahr 2018 140.000 Menschen an einer Masern-Infektion gestorben, schätzen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die US-Seuchenbehörde CDC. Die Zahl der Todesopfer ist im Langzeit-Vergleich zwar gesunken – im Jahr 2000 starben mehr als 535 000 Menschen an einer Masern-Infektion – seit Kurzem steigen die Zahlen jedoch wieder. Der größte Anteil bei den Todesfällen entfiel 2018 auf Kinder unter fünf Jahren.

Nur 86 Prozent der Kinder weltweit hätten die erste Masern-Impfung erhalten, die zweite Impfdosis sogar nur 70 Prozent, berichtet die WHO. Dies reiche bei Weitem nicht aus, um Ausbrüche zu verhindern. Bekanntlich empfehlen die Richtlinien der Organisation eine vollständige Masern-Immunisierung bei 95 Prozent der Bevölkerung, um diese effektiv zu schützen.

Die fünf Länder mit der höchsten Masern-Inzidenz waren im Jahr 2018 die Demokratische Republik Kongo, Liberia, Madagaskar, Somalia und die Ukraine. Fast die Hälfte aller weltweiten Masernfälle seien in diesen fünf Ländern aufgetreten.

Auch Industrieländer mit Ausbrüchen

Zwar sind besonders ärmere Länder von Masern-Infektionen betroffen, allerdings hatten 2018 auch einige Industrieländer mit Ausbrüchen zu kämpfen.

Die Tatsache, dass Kinder an impfpräventablen Krankheiten sterben, ist ein kollektives Versagen.

Dr. Tedros Adhanom Ghebreasus, WHO-Generaldirektor

In den USA etwa wurde die höchste Zahl an Masern-Infektionen seit mehr als 25 Jahren gemeldet, vier europäische Länder (Albanien, Tschechien, Griechenland und das Vereinigte Königreich) haben ihren Status als masernfreies Land verloren, nachdem dort langwierige Masern-Epidemien aufgetreten waren. In Deutschland wurden 2018 insgesamt 543 Masern-Fälle an das Robert Koch-Institut gemeldet. Fast die Hälfte der Erkrankten waren junge Erwachsene, in dieser Bevölkerungsgruppe zeigt sich also eine große Impflücke.

Babys und Kleinkinder sind besonders vulnerabel für Masern-Infektionen, die schwere Folgen wie Pneumonien und Enzephalitiden haben können sowie lebenslange Hirnschädigungen, Blindheit oder Hörverlust. Erst kürzlich hatte eine Studie ergeben, dass das Immunsystem nach einer Masern-Erkrankung für Monate bis Jahre angegriffen ist.

Die Infektion führt demnach zu einer „immunologischen Amnesie“, das Risiko für opportunistische Infektionen steigt, und über zwei bis drei Jahre ist das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko der Betroffenen deutlich erhöht. Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass sich mit einer Masern-Impfung letztlich wohl Hunderttausende zusätzliche Todesfälle aufgrund des geschädigten Immunsystems verhindern ließen.

„Die Tatsache, dass Kinder an impfpräventablen Krankheiten sterben, ist ein kollektives Versagen beim Schutz der Verletzlichsten“, betonte WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreasus.

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