Molekül reichert Muttermilch mit Schadstoffen an

AMSTERDAM (ars). Muttermilch enthält hoch angereichert wertvolle Inhaltsstoffe, aber auch giftige Substanzen. Niederländische Forscher haben den Transporter identifiziert, der solche Moleküle aus den Drüsenzellen in die Milch schleust. Da man nun testen kann, welche er bevorzugt befördert, können stillende Mütter unerwünschte Verbindungen bewußt meiden, aber auch gezielt Medikamente nehmen.

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Die Verunreinigung der Milch mit Fremdstoffen ist für die, die sich von Milchprodukten ernähren, und mehr noch für Säuglinge ein Gesundheitsrisiko. Für den Transport der Stoffe sorgt offenbar das Breast Cancer Resistance Protein (BRCP).

Denn wie eine Arbeitsgruppe um Professor Johan Jonker von der Universität Amsterdam nachgewiesen hat, ist es in der Brustdrüse von Mäusen, Kühen und Menschen während der Laktation reichlich vorhanden, wogegen andere bekannte Transportmoleküle fehlen (Nat Med 11, 2005, 127).

BRCP besitzt eine breite Spezifität für klinisch und toxikologisch wichtige Substanzen, darunter das Ulkusmittel Cimetidin, das Virostatikum Aciclovir, das Krebsmittel Topotecan oder der in Zigarettenrauch und stark gebratenem Fleisch reichlich enthaltene Pyridin-Abkömmling PhIP. Dieser löst Intestinaltumoren bei Nagetieren und vermutlich Brustkrebs bei Menschen aus.

Auch in Nieren hilft das Protein, Fremdstoffe zu entfernen

Mäuse, denen PhIP und Topotecan injiziert wurde, reicherten diese Stoffe in der Milch an, nicht jedoch Tiere, denen der Transporter wegen eines Gendefekts fehlte, und auch nicht gesunde Mäuse, die zusätzlich einen BRCP-Hemmer erhielten.

In anderen Geweben - Verdauungstrakt, Niere, Plazenta oder Gallenkanälchen - dient das ATP-bindende Protein BRCP offenbar dazu, Fremdstoffe aus dem Körper zu entfernen. Indem es auch in Tumorzellen so verfährt, verleiht es ihnen eine Resistenz gegen Medikamente.

Welchen biologischen Sinn die Abgabe solcher Substanzen in die Muttermilch hat ist unklar. Vielleicht sollte BCRP ursprünglich Nährstoffe anreichern, allerdings ließen sich bei Mäusebabys, deren Mütter das Transportprotein nicht besaßen, keine gesundheitlichen Nachteile feststellen, auch kein Mangel an Folsäure oder Vitamin B12.

Die Erkenntnisse über BRCP sind von praktischer Bedeutung für die Entwicklung neuer Arzneimittel, aber auch für das Verschreiben von Medikamenten: Mittel, die leicht von BCRP transportiert werden, sollten während der Stillzeit gemieden werden. Ist das nicht möglich, käme eine Hemmung des Transporters in Frage.

Doch läßt sich die Anreicherung von Substanzen in der Muttermilch auch nutzen: So könnte die Therapie einer HIV-infizierten Mutter mit Azidothymidin die Übertragung des Aids-Erregers auf ihren Säugling vorbeugen. Erstrebenswert wäre das gerade in Entwicklungsländern, wo Flaschennahrung oft nicht verfügbar ist.

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