Nach Liquorentnahme konnte Patient wieder klar denken

WIESBADEN (ner). Kognitive Störungen, Probleme beim Laufen und Harninkontinenz - das können durchaus auch Symptome eines Normaldruck-Hydrocephalus sein. Die Therapie wirkt auf den ersten Blick etwas martialisch: Mindestens 40 ml Liquor werden aspiriert.

Veröffentlicht:

Der Neurologe Professor Klaus Faßbender von der Universitätsklinik in Homburg an der Saar schilderte auf dem Internisten-Kongreß in Wiesbaden die Krankengeschichte eines 72jährigen Bäckers. Er war nach einem Myokardinfarkt erfolgreich reanimiert worden und sollte nun für eine Bypass-Operation aufgeklärt werden. Der Chirurg mußte aber feststellen, daß sein Gegenüber kein Wort verstand.

Der Patient selbst klagte nicht über kognitive Probleme. Nur das Gehen sei in den letzten Jahren deutlich schlechter geworden. Bei der Untersuchung ergab sich ein kleinschrittiges Gangbild sowie eine mittelschwere Demenz.

Im kraniellen Computertomogramm sahen die Radiologen deutlich erweiterte Liquorräume, aber keine Zeichen, die auf eine vaskuläre Enzephalopathie hindeuteten. Für die Alzheimer-Demenz war der Befund untypisch. Klinische Zeichen für einen erhöhten Hirndruck bestanden nicht. Die Differentialdiagnose lautete: Normaldruck-Hydrozephalus.

    Demenz-Tests fielen nach Therapie unauffällig aus.
   

Bei solchen Patienten besserten sich die Symptome dramatisch, wenn 30 bis 50 ml Liquor entnommen würden (Spinal Tap Test), sagte Faßbender. Kopfschmerzen seien dabei kaum zu befürchten. Vor und nach der Punktion erfolgen ein neuropsychologischer Test sowie die Überprüfung des Gangbildes. Eventuell ist es nötig, die Prozedur nach einigen Tagen zu wiederholen.

So war es auch bei dem vorgestellten Patienten. Einige Tage nach der dritten Lumbalpunktion wurde der Gang deutlich besser, der DemTect und der Uhrentest, beides Demenz-Tests, waren ohne auffälligen Befund. Der Patient berichtete, er fühle sich, als habe man ihm einen Schleier vom Kopf genommen. Nun konnte er auch über die anstehende Bypass-Operation aufgeklärt werden - er lehnte den Eingriff allerdings ab.

Ein Normaldruck-Hydrozephalus kommt mit einer Häufigkeit von 30 pro 100 000 Einwohner vor. Der Altersgipfel liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Typischerweise treten keine Kopfschmerzen, Papillenödeme oder Lethargie auf, wie Faßbinder sagte. Symptome seien eine Gangstörung bei mehr als 90 Prozent der Patienten, eine Demenz bei 70 Prozent sowie eine Harninkontinenz bei etwa 50 Prozent. Die Liquorresorption ist gestört. Offenbar bestehe ein pulsatiler Überdruck im Gehirn, der mit üblichen Methoden nicht meßbar sei, so Faßbender. Die Behandlung erfolgt durch Anlage eines ventrikulo-peritonealen oder ventrikulo-atrialen Shunts.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Ergebnis der UNITE-Studie

Migräne plus Depression: Fremanezumab wirkt offenbar doppelt

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

RSV-Impfung: Was empfiehlt die DEGAM für Pflegeheimbewohner?

BAM-Kongress 2025

Brustschmerz in der Hausarztpraxis: Was tun?

„ÄrzteTag“-Podcast

GKV in der Krise – warum ist das Klassenzimmer die Lösung, DAK-Chef Storm und BVKJ-Präsident Hubmann?

Lesetipps
Nahaufnahme wie eine Kind ein orales Medikament einnimmt.

© Ermolaev Alexandr / stock.adobe.com

Häufiges Problem bei Kindern

Nach Medikamentengabe gespuckt – was tun?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung