Tuberkulose-Bericht des RKI

Offene TB und Resistenzen bereiten Sorgen

Die Zahl der Tuberkulose-Neuerkrankungen ist 2019 in Deutschland deutlich zurückgegangen. Trotzdem bleibt die Erkrankung eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit, betont das Robert Koch-Institut. Es appelliert an Ärzte, sich für Diagnose und Therapie fit zu halten.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Mycobacterium tuberculosis im Modell

Mycobacterium tuberculosis im Modell: Besonders resistente Keime bereiten Probleme.

© iLexx / Getty Images / iStock

Berlin. Tuberkulose ist selten in Deutschland, die Krankheit darf aber nicht unterschätzt werden, warnt das Robert Koch-Institut (RKI). Probleme bereiten hohe Erkrankungszahlen bei Migranten, resistente TB-Erreger sowie ein hoher Anteil offener und damit infektiöser Lungentuberkulosen. Auch bleiben bei uns die Therapieergebnisse unter dem von der WHO angestrebten Ziel, berichtet das RKI im gerade erschienenen „Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2019“.

Insgesamt wurden im Jahr 2019 in Deutschland 4791 Fälle von Tuberkulose registriert, das entspricht einer Inzidenz von 5,8 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Nach Jahren der Stagnation ist die Inzidenz damit deutlich gesunken, und zwar im Vergleich zu 2018 um 12,8 Prozent, so das RKI. Allerdings: Nach dem Ziel der WHO soll bis zum Jahr 2035 in Niedriginzidenzländern wie Deutschland die TB-Rate auf unter einem Fall pro 100.000 zurückgehen. Dazu müsste der aktuelle Rückgang kontinuierlich fortgesetzt werden.

Drei Viertel der Betroffenen haben ausländische Wurzeln

Tuberkulose trifft in Deutschland vor allem Menschen mit ausländischen Wurzeln. So traten von den Neuerkrankungen im Jahr 2019 fast drei Viertel bei Patienten mit Migrationshintergrund auf. Die TB-Rate liegt bei Menschen mit ausländischen Wurzeln fast 15-mal so hoch wie in der deutschstämmigen Bevölkerung (30,6 vs. 2,1/100.000 Einwohner). Zu den häufigsten Herkunftsländern zählen weiter Somalia und Eritrea.

Unter den deutschstämmigen Patienten gibt es einen Erkrankungsgipfel bei über 70-Jährigen, was auf Reaktivierungen latenter TB-Infektionen zurückzuführen ist. 2019 waren 129 TB-Patienten gestorben (2,8 Prozent), wobei das Sterberisiko mit dem Alter steigt.

Bei Kindern ist die Zahl der Erkrankungen gesunken, von 216 Fällen (2018) auf 196 Fälle (2019). Besonders häufig waren dabei Kinder im Alter bis fünf Jahre betroffen.

Jeder Neunte mit resistenten Keimen

Fast drei Viertel der Patienten hatten 2019 eine Lungentuberkulose (3435 Fälle), wobei die meisten (2832) mit einer offenen TB infektiös waren. Sorgen bereiten dem RKI dabei die resistenten Erreger: 11,4 Prozent der isolierten Keime waren mindestens gegen eines der Standardmedikamente resistent, 2,6 Prozent multiresistent gegen Rifampicin und Isoniazid (MDR-TB). Auch gab es acht Fälle von extensiv-resistenter TB (XDR-TB). Resistente Keime gibt es besonders häufig bei Patienten aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Jeder fünfte Patient aus diesen Ländern hatte 2019 eine MDR-TB.

Sehr wichtig ist ein Screening in Risikogruppen, insbesondere bei Asylbewerbern und Flüchtlingen, betont das RKI. Bei fast jedem achten Betroffenen (13 Prozent) wurde 2019 die Krankheit im Rahmen einer solchen aktiven Fallfindung diagnostiziert. Das RKI betont, dass das Risiko, sich bei einem Flüchtling mit TB anzustecken, gering ist. Das vorgeschriebene Screening zielt vor allem auf den Schutz der Menschen selbst ab.

Wichtig sind auch die Umgebungsuntersuchungen im Umfeld von TB-Kranken, insgesamt wurden dadurch knapp 6 Prozent der Tuberkulose-Fälle entdeckt.

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