"Schmerzferien" für Fibromyalgie-Patienten

BERLIN (sir). Fibromyalgie-Patienten brauchen "Schmerzferien" als Chance für eine Neuprogrammierung ihrer Schmerzerwartung. Dieses Konzept haben Experten beim Rheuma-Kongress erläutert.

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Professor Walter Zieglgänsberger aus München verglich das menschliche Gehirn mit einem Computer. "Alles manifestiert sich im Gehirn. Dort werden all unsere positiven und negativen Eindrücke und Erfahrungen gespeichert", so der Neurologe und Neuropharmakologe.

"Im Gegensatz zum Computer hat das Gehirn aber keine Löschtaste", bedauerte er. "Negative Erfahrungen und Prägungen können gewissermaßen nur durch Überschreiben mit anderen, erfreulicheren Erlebnissen eliminiert werden." Dazu gehörten auch das Schmerzgedächtnis und die daraus erwachsene Erwartungshaltung, etwa bei Fibromyalgie-Patienten, erklärte Zieglgänsberger.

Um dieses quasi neu zu programmieren, empfiehlt der Neurologe, den Patienten zunächst "Schmerzferien" zu verschaffen. Dazu wird der Schmerzlevel während eines Reha-Aufenthaltes mithilfe geeigneter Medikamente auf einen Wert von 0 bis 3 in der 10-stufigen visuellen Analogskala (VAS) gesenkt. Danach könne man den Patienten Maßnahmen zur Extinktion verordnen. Das bedeutet im Einzelnen:

  • Situationen, die sonst von Patienten aus Angst vor Schmerz gemieden wurden - etwa der Besuch einer Ausstellung - werden nun bewusst in Angriff genommen.
  • Der dabei erwartete Schmerz tritt dank der Therapie nicht ein (Vorhersagefehler).
  • Eine neue Assoziation entsteht, etwa: "Ein Museumsbesuch ist angenehm und nicht zwangsläufig schmerzhaft." (Sicherheitssignal)

"Zum Erfolg dieser Maßnahmen ist in der Reha-Einrichtung eine Umgebung nötig, die viele Sinneseindrücke, kognitive Herausforderungen und mögliche Aktivitäten bietet", so Zieglgänsberger. Sie sollte sich aber nicht komplett von der alltäglichen Erfahrungswelt des Patienten unterscheiden. So hätten die positiven Eindrücke einer Reha auf Mallorca im Alltagsstress keinen Bestand.

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