Hautkrebs

Schützt viel Sonne vor Melanomen?

Es scheint paradox: Wer von Kind an häufig in der Sonne ist, hat offenbar ein geringes Melanomrisiko.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Arbeit auf dem Bauernhof und dadurch von Kindheit an viel in der Sonne - das hat erstaunlicherweise kein erhöhtes Melanomrisiko zur Folge.

Arbeit auf dem Bauernhof und dadurch von Kindheit an viel in der Sonne - das hat erstaunlicherweise kein erhöhtes Melanomrisiko zur Folge.

© kristall / fotolia.com

ULM/DRESDEN. Viel Sonne, viel Hautkrebs: auf diese einfache Formel wird allgemein der Zusammenhang zwischen UV-Exposition und dermatologischen Tumoren gebracht. Doch so einfach lässt sich das Hautkrebsrisiko wohl nicht erklären, sonst wären wir vermutlich schon ausgestorben.

Schließlich arbeiteten unsere Vorfahren weder vor der Sonne geschützt in abgedunkelten Büros, noch cremten sich die Bauern vor 100 Jahren mit Lichtschutzfaktor 50 ein, bevor sie aufs Feld gingen.

Das Problem scheint ein anderes zu sein: Wir verbringen so wenig Zeit in der Sonne, dass wir kaum noch die üblichen Schutzmechanismen gegen die UV-Strahlung ausbilden. Das rächt sich dann im Urlaub.

So lassen sich zumindest die Daten interpretieren, die Dermatologen um Dr. Margit Huber von den Unikliniken Ulm und Dresden nun veröffentlicht haben: Dabei scheint eine chronische Sonnenbestrahlung mit einem geringeren, eine sporadische Bestrahlung, also etwa der Badeurlaub mit käseweißer Haut am Mittelmeer, mit einem erhöhten Melanomrisiko einherzugehen (JEADV 2014; online 31. März).

Draußen aktiv, geringes Melanomrisiko

Die Forscher haben in einer Fall-Kontroll-Studie 291 Patienten mit einem Melanom, 212 mit einem Basalzellkarzinom sowie knapp 330 Patienten ohne dermatologische Erkrankungen (Kontrollgruppe) nach ihrer Sonnenexposition und einer Reihe weiterer Risikofaktoren befragt. Alle Patienten stammten aus Kliniken in Ulm und Dresden.

Nach diesen Daten hatten sich Patienten ohne Hautkrebs vor 20 Jahren viel häufiger im Freien bewegt als Melanomkranke: Tennisspielen, Segeln, Bergsteigen, Wandern, Fußballspielen, Skifahren - all diese Aktivitäten hatten die Hautgesunden häufiger angegeben.

Vor allem waren die Patienten ohne Melanom in der Kindheit viel häufiger draußen. Faktoren wie Bergwandern in der Kindheit gehen nach diesen Berechnungen mit einem etwa 70 Prozent geringeren Melanomrisiko einher.

Etwas verstörend wirkt, dass sich für häufigen Solariumbesuch gar ein um 90 Prozent reduziertes Melanomrisiko berechnen ließ. Eine Dauerkarte fürs Sonnenstudio zur Melanomprävention wollen die Autoren der Analyse aber trotzdem nicht empfehlen.

Auch wenn es plausibel klingt, dass eine regelmäßige UV-Exposition auf der Sonnenbank ähnlich protektiv wirken könnte wie eine regelmäßige Sonnenbestrahlung, verweisen sie bei diesem Punkt auf andere Untersuchungen, die für Freunde des künstlichen Sonnenlichts ein eher erhöhtes Melanomrisiko ergaben.

Eine reduzierte Melanomgefahr ließ sich aus den Patientenangaben im Einklang mit anderen Untersuchungen auch für einen dunklen Hauttyp und Träger brauner Augen ableiten. Erstaunlich ist auch ein 65 Prozent reduziertes Risiko für Patienten mit einer Atopie. Kein erhöhtes Risiko ergibt sich für Vollzeitbauern.

Wenig überraschend ist hingegen das erhöhte Melanomrisiko für Sonnenbrände in der Kindheit (plus 84 Prozent) und Gartenarbeit (110 Prozent). Auch Schwimmen und der häufige Gebrauch von Sonnencreme geht nach diesen Daten mit einem erhöhten Melanomrisiko einher - hier kommt wohl der Badeurlaub ins Spiel.

Wirkt Atopie protektiv?

Etwas anders sieht es bei den Risikofaktoren für ein Basalzellkarzinom aus. Hier scheint die Lebenszeitdosis ein wichtiger Faktor zu sein. Für ein hohes Maß an Aktivitäten im Freien ergeben die Umfragewerte ein erhöhtes Erkrankungsrisiko, bei Vollzeitbauern bis um den Faktor vier.

Protektiv scheinen jedoch wie auch beim Melanom ein dunkler Hauttyp und eine atopische Erkrankung zu sein. Die Autoren um Huber vermuten bei der Atopie krebshemmende Effekte einer gesteigerten Mastzellaktivität.

Da die Daten der Analyse nicht prospektiv ermittelt wurden, sondern auf rein subjektiven Angaben der Patienten beruhen, sind sie mit großer Vorsicht zu genießen. Außerdem sind die Fallzahlen in der Studie sehr klein, sodass es auch aus diesem Grund zu Verzerrungen kommen kann.

Für belastbare Aussagen zu dem Thema sollte man also lieber auf große prospektive Kohortenstudien setzen.

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