IQWiG-Vorbericht

Screening von Neugeborenen auf Muskelatrophie nützt

Macht ein Neugeborenenscreening auf 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie Sinn? Das IQWiG hat die dazu verfügbaren Daten geprüft.

Veröffentlicht:

Köln. Das IQWiG sieht nach vorläufiger Auswertung der verfügbaren Daten einen Anhaltspunkt für einen Nutzen des Neugeborenenscreenings auf spinale Muskelatrophie im Vergleich zu keinem Screening.

Je früher die Diagnose gestellt werde und die Therapie nach Auftreten der ersten Symptome starte, desto stärker könnten Kinder mit frühem Krankheitsbeginn (infantile SMA) davon profitieren, so das Kölner Institut in einer Mitteilung. Die Vorteile zeigten sich in einer besseren motorischen Entwicklung und hinsichtlich des kombinierten Endpunkts „Zeit bis Tod oder dauerhafter Beatmung“.

Eine 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA) lässt sich präsymptomatisch über eine Blutprobe – auf Filterpapierkarten aufgetropftes, getrocknetes Blut – feststellen. Derzeit gehöre die SMA nicht zu den Zielerkrankungen des in Deutschland nach der Kinder-Richtlinie des GBA durchgeführten Neugeborenenscreenings, für das in der 36. bis 72. Lebensstunde eine Probe Fersenblut genommen wird, erinnert das IQWiG.

Nusinersen seit 2017 verfügbar

Für die medikamentöse Therapie der SMA steht in Deutschland das seit 2017 zugelassene Nusinersen zur Verfügung, das die Wirkung der fehlerhaften Gene ersetzt und über eine Lumbalkanalpunktion verabreicht wird. Weitere neue Therapieansätze befinden sich derzeit in der Zulassungsprüfung.

Eine kleine randomisierte kontrollierte Studie zum Vergleich von Nusinersen mit einer Scheinbehandlung bei Kindern mit infantiler SMA lieferte Daten, die den Vergleich eines frühsymptomatischen mit einem spätsymptomatischen Therapiestart ermöglichte, wie das IQWiG berichtet. Im Hinblick auf den kombinierten Endpunkt „Zeit bis Tod oder dauerhafte Beatmung“ und auf den Endpunkt „Erreichen motorischer Meilensteine“ profitieren diese Kinder stärker von einem frühsymptomatischen Therapiebeginn (das heißt maximal zwölf Wochen nach Symptomeintritt).

In Bezug auf Nebenwirkungen seien keine Unterschiede zwischen einem frühsymptomatischen und einem spätsymptomatischen Therapiestart erkennbar, so das Kölner Institut. Für andere Endpunkte fehlten verwertbare Daten zu diesem Vergleich.

Daten nicht ohne Weiteres auf andere SMA-Formen übertragbar

Unklar bleibe nach den bisher vorgelegten Daten, wie viele erkrankte Kinder nicht gefunden werden. Insgesamt deuteten die Ergebnisse der vorliegenden Studien dennoch darauf hin, dass die untersuchten Testverfahren für ein Screening bei Neugeborenen auf 5q-assoziierte SMA geeignet sind.

Auch Patienten mit erwartbar späterem Krankheitsbeginn werden durch ein Neugeborenenscreening identifiziert. Inwiefern auch diese Patientengruppe davon profitiere, sei derzeit unklar, da sich die Therapiedaten zu Kindern mit infantiler SMA nicht ohne Weiteres auf andere SMA-Formen übertragen lassen, heißt es in der Mitteilung.

Weiterhin fehlten Daten zur Klärung der Frage, ob und inwieweit im Screening identifizierte Kinder mit SMA bereits vor Auftreten der ersten Symptome (präsymptomatisch) von einem sofortigen Therapiestart profitieren. Für Kinder mit infantiler SMA habe der Nusinersen-Hersteller vergleichende Daten hierzu bereits in Aussicht gestellt. (eb)

Stellungnahmen zum Vorbericht nimmt das IQWiG bis zum 28. November 2019 entgegen: https://tinyurl.com/y259pcfh

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

© zoranm | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Metaanalyse

Sexuelle Dysfunktion unter Antidepressiva!

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

© Studio4 | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Sommer, Sonne, Nebenwirkung?

Photosensibilisierung: So schützen Sie Ihre Patienten

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

© [M] LASZLO / stock.adobe.com

Komplementinhibition bei generalisierter Myasthenia gravis

Real-World-Datena bestätigten Ravulizumab in der klinischen Praxis

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: Alexion Pharma Germany GmbH, München
Abb. 1: Studie VISION-DMD: motorische Funktion TTSTAND-Geschwindigkeit unter Vamorolon 6mg/kg/Tag im Vergleich zu Placebo (erstellt nach [13])

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH; Santhera Germany GmbH

Therapie der Duchenne-Muskeldystrophie mit Kortikosteroiden über alle Altersstufen

Grundlagen und Real-World-Erfahrungen mit Vamorolon

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Santhera Germany GmbH, München
Abb. 1: Freisetzung von Neurofilamenten aus geschädigtem Axon

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [8]

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

Serum-Neurofilament-Leichtketten: Nutzen für die Praxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung