Kommentar zum Mamma-Screening

Sprecht miteinander!

Von Gabriele Wagner Veröffentlicht:

Es ist gut, dass es neuen Schwung in der Debatte um den Nutzen eines flächendeckenden Mammografie-Screenings gibt. Denn das systematische Screening muss dringend neu bewertet werden. Wer soll da noch durchblicken, wenn Experten sich Statistiken um die Ohren hauen?

Welche Frau, die sich für oder gegen das Screening entscheiden soll, kann etwas mit Aussagen anfangen wie: "Für Frauen mit besonders vielen Risikofaktoren sind die Vorteile tendenziell deutlicher, für Frauen mit besonders wenigen Risikofaktoren tendenziell weniger deutlich" (GBA-Merkblatt von 2010).

Viele aktuell in die Debatte geworfene und diskutierte — und teils unverständlich aufbereitete - Zahlen stammen auch aus Ländern, in denen andere Verhältnisse herrschen als bei uns; das betrifft vor allem auch Länder wie die USA und Kanada.

So wurde jüngst eine kanadische Studie veröffentlicht - mit negativem Ergebnis fürs Mammografie-Screening übrigens - in der jüngere Frauen häufiger gescreent wurden, als das bei uns üblich ist. Solche Ergebnisse sind nicht eins zu eins auf unsere Verhältnisse übertragbar.

Deshalb ist die Evaluation der Universität Münster besonders für Ärzte und Frauen in Deutschland so wichtig. Die Ergebnisse werden für nächstes Jahr erwartet. Auch die dem GBA vorgelegten Evaluationsberichte der Kooperationsgemeinschaft Mammografie sind wichtig, um zu prüfen, was das Mammografie-Screening in Deutschland bringt.

Wir können nur hoffen, dass wir wirklich aussagekräftige Zahlen zur Brustkrebs-Mortalität bekommen, die zum Beispiel auch berücksichtigen, dass sich inzwischen sowohl Diagnostik als auch Therapie deutlich verfeinert und verbessert haben.

In der Zwischenzeit wäre es gut, wenn sich Experten aus Medizin und Gesundheitspolitik über Alternativen zum Screening Gedanken machen und miteinander reden würden. Wie können Gruppen mit erhöhtem Risiko (außer den bekannten genetischen Risiken) besser erfasst werden? Wie könnte eine individuellere Früherkennung angeboten werden — etwa für Frauen mit sehr dichtem Brustgewebe, bei denen eine Mammografie nicht ideal ist?

Und vor allem: Wie können Ärzte Frauen jenseits von statistischem Zahlensalat in einfachen Worten die Vor- und Nachteile eines Screenings erklären, was es mit fraglichen Befunden und möglichen Konsequenzen auf sich hat.

Und bitte: Keine Haustier-Raubtier-Krebsdebatte, wie sie gern in Publikumsmedien geführt wird mit Blick auf eine sogenannten Übertherapie!

Lesen Sie dazu auch: Mammografie: Die Screening-Debatte nimmt Fahrt auf

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 23.07.201420:47 Uhr

Im Dialog: Lieber "overdiagnosed" als "undertreated"?

Durch verbesserte Frühdiagnose, umschriebene (lokoregionäre), risikoadaptierte Therapien z. B. mit intraoperativer Radiatio oder auch individualisierter Behandlung bei DCIS (duktales Carcinoma in situ), können individuell höhere Überlebenswahrscheinlichkeiten bei Brustkrebs nicht zum Nulltarif erlangt werden. Deshalb müssen abwägende Entscheidungen mit möglicherweise ängstigender, stigmatisierender Überdiagnostik und zugleich effizienterer Behandlung bei Brustkrebs getroffen werden.

Denn es besteht die Gefahr, dass mit undifferenzierter Kritik am Mammografie-Screening und an der Verharmlosung von DCIS die Teilnahmebereitschaft unserer Patientinnen sinkt und die eh'' schon so hohe Brustkrebs-Morbidität und -Mortalität erneut ansteigen. Für laienhafte Fundamentalkritik mit Verwechselung von Prävention und Frühdiagnostik ist m. E. keine Zeit mehr: Nicht die Vorsorge bestimmt das Überleben mit Brustkrebs, sondern einzig und allein die multimodal und mehrdimensional weiter optimierte und intelligentere Therapie. D e s h a l b ist die Früherkennung so wichtig. Von echter Vorsorge durch Brustkrebs-Verhinderung a priori sind wir noch meilenweit entfernt.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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