Tumoren: Raf-1 soll Nährstoffzufuhr kappen

Forscher in Österreich haben ein Eiweißmolekül entdeckt, das für die Gefäßneubildung unerlässlich ist. Tumoren nutzen dieses Protein zum Wachstum. Jetzt wollen die Forscher einen Weg finden, es zu blockieren.

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Fluoreszenzaufnahme von Endothelzellen: VE-Cadherin (grün) reicht durch die Zellmembranen. Es ist mit dem Zytoskelett verbunden (rot). Der Zellkern ist blau gefärbt.

Fluoreszenzaufnahme von Endothelzellen: VE-Cadherin (grün) reicht durch die Zellmembranen. Es ist mit dem Zytoskelett verbunden (rot). Der Zellkern ist blau gefärbt.

© Reiner Wimmer

WIEN (eb). Wie Zellen während der Entwicklung von neuen Gefäßen ihren Kontakt zueinander regulieren, hat jetzt das Forschungsteam um Professor Manuela Baccarini von den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien zeigen können.

Erstmals wurde die Bedeutung des Proteins Raf-1 für die Stabilität von Zell-Zell-Verbindungen nachgewiesen.

Fehlt dieses Eiweißmolekül, verlieren die Zellen ihren Zusammenhalt und die Gefäßneubildung ist gehemmt (Developmental Cell 2012; 22 / 1: 158-171).

Neue Gefäße entstehen aus schon bestehenden Gefäßen

Angiogenese ist der Prozess, durch den neue Blutgefäße aus bestehenden Gefäßen gebildet werden.

Sie ermöglicht die Entwicklung des Herz-Kreislauf-Systems im Embryo und ist darüber hinaus von entscheidender Bedeutung für die Geweberegeneration bei Erwachsenen.

Bei der Angiogenese sprossen Zellen von bereits vorhandenen Gefäßen ab und bilden so neue Gefäße.

Die Zellen bewegen sich dabei gemeinsam, also in ständigem Kontakt zueinander. Dieser Prozess wird allerdings auch von Tumoren genutzt, um ihr eigenes Wachstum zu fördern.

Die Zellen wanderten nicht mehr gemeinsam

Die Forschungsgruppe um Baccarini beschäftigt sich mit zellulären Signalkaskaden, sie erforscht also, wie Informationen von innerhalb oder außerhalb in der Zelle verarbeitet werden. Ein wichtiger Signalweg läuft über das Protein Raf-1.

"Wir untersuchten Endothelzellen, denen Raf-1 fehlt und mussten feststellen, dass sie sich normal teilen konnten und auch morphologisch nicht von normalen Zellen zu unterscheiden waren", wird Diplom-Ingenieur Reiner Wimmer in einer Mitteilung der Universität zitiert.

Dennoch simulierten die Forscher die Angiogenese mit diesen Zellen im Labor. Sie seien sehr überrascht gewesen, dass Zellen ohne Raf-1 nicht mehr gemeinsam, sondern einzeln wanderten, so Wimmer.

Die Bedeutung dieser unerwarteten Entdeckung wurde in weiteren Experimenten deutlich: Raf-1 reguliert während der Angiogenese direkt an der Zellmembran die Anbindung von anderen Zellen an das interne Zellgerüst über "Adherens Junc tions".

Sind diese Verbindungen zu schwach, zerfallen die Zellverbände. Sind sie zu stark, können sich die Zellen nicht fortbewegen. Unter der Kontrolle von Raf-1 wird die Stabilität von Zell-Zell Kontakten ständig moduliert, um eine kollektive Wanderung zu ermöglichen.

Signalmoleküle leiten die Angiogenese ein

Angiogenese ist physiologisch hauptsächlich in der Embryonalentwicklung von Bedeutung. Tumoren nutzen diesen eigentlich gutartigen Prozess, um ihr Wachstum zu fördern.

Erreicht ein Tumor eine bestimmte Größe, werden ihm die Nährstoffe zu knapp. Er veranlasst dann über chemische Signale, dass neue Gefäße vom Körper gebildet werden, um sie direkt an den Blutkreislauf anzubinden.

Derzeitige Forschung in der Antiangiogenese-Therapie konzentriert sich auf VEGF-Signalmoleküle, die vom Tumor abgesondert werden, um die Angiogenese einzuleiten.

Die Ergebnisse der Forscher eröffnen einen weiteren Ansatzpunkt: Durch die Hemmung von Raf-1 könnte man den Mechanismus der Gefäßneubildung selbst reduzieren und damit die Anbindung des Tumors an die Nährstoffversorgung des Körpers verzögern oder verhindern.

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