Vitamin-B12-Mangel lässt Gehirn schrumpfen

B-Vitamine könnten sich als Mittel erweisen, das Gehirn im Alter länger fit zu halten, wie aus einer US-amerikanischen Studie hervorgeht. Denn wer zu wenig an B-Vitaminen hat, baut geistig schneller ab.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Vergesslichkeit im Alter könnte auch auf erhöhten Werten von Homocystein als Folge eines Vitamin-B-Mangels beruhen.

Vergesslichkeit im Alter könnte auch auf erhöhten Werten von Homocystein als Folge eines Vitamin-B-Mangels beruhen.

© Yuri Arcurs / fotolia.com

CHICAGO. Bekanntlich ist das Gehirn im Alter nicht nur weniger leistungsfähig als in jungen Jahren, es verliert auch zunehmend an Masse.

Könnte man diesen Prozess bremsen, wären die Alten vermutlich nicht nur geistig fitter, eine Demenz, so die Hoffnung, würde sich dann auch erst später zeigen.

Als Jungbrunnen fürs alternde Gehirn sind seit einiger Zeit B-Vitamine im Gespräch.

Mit B-Vitaminen und Folsäure gegen Hirnatrophie

Vor etwa einem Jahr hatte eine britische Arbeitsgruppe eine Studie präsentiert, nach der eine Behandlung mit B-Vitaminen und Folsäure die Hirnatrophie tatsächlich bremsen kann.

Auf die kognitiven Fähigkeiten hatte die Therapie jedoch keinen Einfluss, dafür war die Studie möglicherweise zu klein und die Behandlungsdauer zu kurz.

Nun liefert ein Team um Dr. Christine C. Tangney vom Rush University Medical Center in Chicago im Bundesstaat Illinois Hinweise dafür, dass B-Vitamine nicht nur die Atrophie, sondern auch den geistigen Abbau bremsen (Neurology 2011; 77: 1276-1282).

Marker deuten auf kognitive Leistung hin

In ihrer Studie wurden allerdings keine B-Vitamine verteilt, vielmehr schauten sich die Wissenschaftler die Serumspiegel von vier Markern an, die einen Vitamin-B12-Mangel anzeigen: Dies waren Homocystein, Methylmalonat, Cystathionin und 2-Methyl-Zitronensäure.

Die Konzentrationen der Marker setzten die Wissenschaftler ins Verhältnis zur kognitiven Leistung und bestimmten viereinhalb Jahre später per Magnetresonanztomografie (MRT) das Gehirnvolumen.

Insgesamt konnten die Wissenschaftler Daten von 121 Personen einer Bevölkerungsstudie auswerten. Alle Teilnehmer waren über 65 Jahre alt.

Homocystein hoch, Kognition erniedrigt

Die Forscher fanden heraus, dass Teilnehmer, bei denen die Werte für die vier Marker erhöht waren, in den 17 Kognitionstests deutlich schlechter abschnitten als Teilnehmer mit normalem Vitamin-B12-Status.

So ließ sich für eine Erhöhung des Homocystein-Wertes um 10 µmol / l eine Abnahme des globalen Kognitionswertes um 0,3 Punkte errechnen.

Zum Vergleich: Erhöhte Homocystein-Werte beginnen in der Regel bei 13 µmol / l.

Weiße Subsatnz geschädigt

Der globale Kognitionswert summierte die Ergebnisse der 17 Einzeltests und lag bei den Studienteilnehmern zwischen 1,4 und minus 2,2 Punkten. Zugleich war bei erhöhten Werten der Vitamin-B12-Marker die Hirnatrophie deutlich stärker ausgeprägt.

Hohe Homocystein-Level gingen zudem vermehrt mit Mikroinfarkten und einer Hyperintensität der weißen Substanz einher. Dies deutet auf eine Schädigung der Myelinisierung.

Die Forscher vermuten, dass hohe Homocystein-Werte als Folge des B-Vitaminmangels vor allem die weiße Substanz schädigen und Infarkte begünstigen, wohingegen die anderen Marker direkt an der Atrophie beteiligt sein könnten.

Mehr zum Thema

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

US-amerikanischer Neurologen-Kongress

Neue Daten zu Lecanemab: Frühe Alzheimer-Therapie lohnt sich

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert