Vorbehalte von Impfskeptikern lassen sich meist mit einfachen Fakten entkräften

Falsche Behauptungen zur H1N1-Impfung könnten jetzt das Renommee von Impfungen überhaupt beschädigen, sorgen sich Pädiater. Die Stiftung Kindergesundheit hat daher Fakten gegen Impfvorbehalte zusammengestellt.

Von Lajos Schöne Veröffentlicht:
Keine Impfung ist ohne Risiko, aber die Gefahren für ein Kind sind viel geringer als bei einer natürlichen Erkrankung.

Keine Impfung ist ohne Risiko, aber die Gefahren für ein Kind sind viel geringer als bei einer natürlichen Erkrankung.

© Foto: Wyeth

Sinkende Impfraten bergen die Gefahr eines Anstiegs von vermeidbaren Erkrankungen. Für die Aufklärung impfskeptischer Eltern hat die Stiftung Kindergesundheit leicht verständliche Fakten parat.

  • Man kann doch bei Krankheiten mit Medikamenten behandeln. Sind Impfungen überhaupt notwendig?

Nach Angaben der Stiftung glauben 44 Prozent der Deutschen, es gäbe wirksame Medikamente gegen Tetanus und 34 Prozent, Tollwut sei heilbar. Leider falsch: Gegen Viruskrankheiten ist die Medizin weitgehend machtlos. Gegen eine Masern-Enzephalitis oder Mumps-Meningitis gibt es keine Medikamente. Das Risiko zeigt das Beispiel des Masernausbruchs in Nordrhein-Westfalen 2006: Dort wurden 1 749 Erkrankte registriert, 15 Prozent mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei Patienten starben infolge der Masern.

  • Wird das Immunsystem eines Babys nicht überlastet, wenn es schon kurz nach der Geburt geimpft wird?

Babys kommen jeden Tag mit Bakterien und Viren in Berührung. Die Antigene der abgeschwächten oder abgetöteten Krankheitserreger in den Impfstoffen machen nur einen kleinen Teil dieser Begegnungen aus. Sie schädigen nicht das Immunsystem, sondern stimulieren es: Es reagiert nach der Impfung ähnlich wie bei einer echten Infektion und bildet Antikörper gegen die Krankheit.

  • Es gibt immer mehr Allergien. Sind die Impfungen schuld?

Für einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Allergien gibt es keine Anhaltspunkte. Das zeitliche Zusammentreffen einer allergischen Krankheit, zum Beispiel Neurodermitis bedeutet nicht, dass die Impfung die Ursache der Krankheit ist. In der DDR, wo praktisch alle Kinder sehr gründlich geimpft wurden, gab es vor der Wiedervereinigung wesentlich weniger Allergien als im Westen. Bei Nachlassen der Impfbereitschaft in den neuen Bundesländern steigt auch dort die Zahl allergischer Erkrankungen.

  • Ist das Durchmachen einer Kinderkrankheit nicht ein natürlicher Vorgang, den Kinder für ihre Entwicklung benötigen?

Eine schwere Infektion schwächt Kinder eher, als dass sie die Entwicklung fördert. Außerdem ist nicht alles, was natürlich ist, auch gesund. Vor 300 Jahren starb die Hälfte aller Kinder im ersten Lebensjahr und die Lebenserwartung lag bei 35 Jahren. Um das "natürliche" Erlebnis einer Krankheit zu haben, gibt es nach wie vor Dutzende von Virusinfekten, die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung durchmachen. Die Impfungen können ihnen einige der lebensgefährlichen Komplikationen von Infektionskrankheiten ersparen.

  • Sind Substanzen wie quecksilberhaltiges Thiomersal oder Aluminium in Impfstoffen nicht gefährlich?

Die WHO, das US-Institute of Medicine und die europäische Arzneimittelbehörde EMEA sind unabhängig voneinander zu dem Schluss gelangt, dass hier keine nachteiligen Folgen zu befürchten sind.

Thiomersal dient als Konservierungsmittel. Eine Untersuchung bei Patienten, die auf Thiomersal allergisch waren, zeigte, dass eine i.m.-Impfung mit einem thiomersalhaltigen Impfstoff bei einem Großteil von ihnen keine allergischen Reaktionen hervorgerufen hat. Heutige Impfstoffe sind überwiegend thiomersalfrei oder enthalten so geringe Mengen, dass dieses Problem nicht mehr bedeutsam ist. Aluminiumhaltige Impfstoffe sind seit 40 Jahren im Routinegebrauch. Gesundheitsprobleme aufgrund der winzigen Aluminiummengen in den Impfstoffen wurden nicht festgestellt.

  • Schüren Ärzte und Pharma- Industrie nicht Ängste, damit sie mit Impfungen Geschäfte machen können?

Mit Impfungen wird ein Arzt nicht reich. Sein Honorar für die Impfung eines Babys gegen sechs Krankheiten beträgt oft wenige Euros, dabei kann die Aufklärung über eine Viertelstunde in Anspruch nehmen.

Impfstoffkosten machen unter den Arzneimittelausgaben weniger als drei Prozent aus. Den Umsätzen der Pharmaindustrie stehen oft große Einsparungen gegenüber. Nach Einführung der Impfung gegen Kinderlähmung wurden für jede einzelne Mark, die für die Impfung ausgegeben wurde, 90 Mark an Krankenhaus- und Rehabilitationskosten eingespart.

www.kindergesundheit.de

Lesen Sie dazu auch: Kinderärzte sorgen sich ums Ansehen von Impfungen

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