Zuckerwert und Blutdruck

Was schützt die Niere vor dem Verfall?

Wer bei chronischer Niereninsuffizienz die Progression der Nierenschäden bremsen möchte, muss dem Patienten eine Therapie-Cuvée kredenzen. Die Kontrolle des Zuckers ist der wichtigste Einzelfaktor, aber längst nicht der einzige.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Ultraschall der Nieren: Schädlich für die Funktion kann auch eine zu starke Blutdrucksenkung sein:

Ultraschall der Nieren: Schädlich für die Funktion kann auch eine zu starke Blutdrucksenkung sein:

© eyetronic / fotolia.com

BERLIN. Noch vor wenigen Jahren sind Nephrologen davon ausgegangen, dass die Zahl der dialyse-pflichtigen Patienten im Zuge von demografischem Wandel und steigender Diabetesprävalenz zwangsläufig zunimmt. Doch der Wind scheint sich zu drehen: "Daten aus den USA zeigen, dass es dort nicht nur keinen weiteren Anstieg gibt, sondern im Gegenteil einen Rückgang. Das deckt sich mit dem Eindruck, den viele auch in Deutschland haben", sagte Professor Dr. Gunnar Heine von der Inneren Medizin IV am Universitätsklinikum des Saarlandes.

Der Grund dafür sei wahrscheinlich, dass zentrale Risikofaktoren für eine terminale Niereninsuffizienz heute besser kontrolliert würden. Besonders wichtig ist die gute Zuckereinstellung. So trat in der ADVANCE-Studie bei einem Follow-up-Zeitraum von maximal fünf Jahren der kombinierte Endpunkt aus Retinopathie und Nephropathie bei einem Ziel-HbA1c von 6,5 Prozent seltener ein als bei einem Ziel-HbA1c von 7,0 Prozent. Dass das nachhaltig ist, zeigt die Auswertung über bis zu zehn Jahre. Bei strengerer HBA1c-Einstellung gab es nur halb so oft eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz (N Engl J Med 2014, 371: 1392). "Gerade bei langer Lebenserwartung und hoher Therapiemotivation sollte deswegen das HbA1c-Ziel unter den sonst üblichen 7,0 Prozent liegen", so Heine.

Nicht ganz so einfach ist es bei der Blutdruckeinstellung. PD. Dr. Markus Schneider, Universität Erlangen, diskutierte noch einmal die SPRINT-Studie, bei der eine strenge Blutdruckeinstellung bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten Vorteile hinsichtlich eines kombinierten kardiovaskulären Endpunkts hatte. Dies gelte auch für Nierenpatienten, so Schneider, denn immerhin ein Drittel der SPRINT-Patienten sei mit Indikation Niereninsuffizienz in die Studie aufgenommen worden.

Geachtet werden müsse allerdings auf akute Nierenschäden durch zu forcierte Blutdrucksenkung, denn die seien in der SPRINT-Studie bei intensiver Therapie klar häufiger gewesen. So gab es etwa dreimal so viele Patienten mit einem Abfall der eGFR um über 30 Prozent auf unter 60 ml/min, und knapp doppelt so viele mit akutem Nierenversagen. Daraus errechne sich eine Number-needed-to-harm von 56 über den Studienzeitraum von gut drei Jahren.

Seitens der neuen kardiovaskulären Medikamente seien aus nephrologischer Perspektive vor allem der Mineralokortikoidrezeptorantagonist Finerenon und SGLT2-Hemmer Empagliflozin spannend, so Schneider. So senke Finerenon als Add-on-Therapie zur Hemmung des Renin-Angiotensinsystems die Albuminurie chronisch niereninsuffizienter Patienten dosisabhängig um bis zu 60 Prozent.

Bei Empagliflozin zeige die mittlerweile vorliegende Auswertung der renalen Endpunkte der EMPA-REG OUTCOME-Studie einen statistisch signifikanten Nutzen bei allen drei Teilkomponenten des renalen Endpunkts, also Progression der Makroalbuminurie, Verdopplung des Serumkreatinin und Neubeginn von Nierenersatzverfahren. Schneider hält das für sehr überzeugende Daten, und er beurteilte auch das Therapieprinzip günstig. So führten SGLT2-Hemmer über eine Verringerung der Natrium- und Glukosereabsorption im proximalen Tubulus zu einer Vasokonstriktion der Vas afferens der Glomeruli. Die könne die am Vas efferens ansetzenden RAAS-Hemmstoffe gut ergänzen.

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Subgruppenanalysen der Studie DAPA-CKD zum Einfluss von Alter, Geschlecht und Gebrechlichkeit auf di

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Dapagliflozin bei chronischer Nierenkrankheit (CKD):

Subgruppenanalysen der Studie DAPA-CKD zum Einfluss von Alter, Geschlecht und Gebrechlichkeit auf die Wirksamkeit

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuerungen

Das gilt 2026 bei Abrechnung und Honorar

Der positive Jahresrückblick

Diese guten Nachrichten gab es 2025 im Gesundheitswesen

Lesetipps
Eine Person hält drei Figuren in den Händen

© Suriyo/stock.adobe.com

Man kann nicht nicht führen

Mitarbeiterführung in der Arztpraxis: Tipps für Praxisinhaber

Frau telefoniert

© Matthias Balk / picture alliance

Kontakt mit Patienten

Arztpraxis ohne Telefon: Kann das funktionieren?