Weniger Kinder, trotzdem mehr Arbeit

Die Zahl psychischer Störungen bei Kindern nimmt zu, warnen Pädiater. Gerade auf dem Land wird die Versorgung aber immer löchriger.

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Abhorchen geht schneller; die Diagnose einer psychischen Erkrankung braucht wesentlich mehr Zeit. copy; Kitty / fotolia.com

Von Sunna Gieseke

BERLIN. Künftig wird es in Deutschland immer weniger Kinder geben. Heute leben hier etwa 13 Millionen Kinder bis 17 Jahre, bis 2020 wird diese Zahl um bis zu 9,4 Prozent sinken, so Experten.

Besonders auf dem Land werde es dann nur noch ältere Menschen und kaum noch Kinder geben. Die Kinderärzte rüsten sich für diese veränderte Situation.

"Gerade jetzt geht es darum, die medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern", sagte Professor Hans-Jürgen Nentwich, Generalsekretär der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin vor Journalisten in Berlin.

Und die müsse weiterhin für alle Kinder flächendeckend gewährleistet sein. Das könnte jedoch schwierig werden:

Aus Sicht der Kinderärzte wird es in Zukunft außerhalb von Ballungszentren kaum noch Kinderärzte geben.

"Schon jetzt müssten Eltern mit ihren Kindern vereinzelt 50 bis 70 Kilometer zu einem Arzt fahren", so Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte.

Das müsse jedoch noch nicht unbedingt bedeuten, dass auch die medizinische Versorgung der Kinder schlechter werde.

Dafür müssten sich die Kinderärzte jedoch auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten: "Die Sozialpädiatrie muss ein fester Bestandteil der Ausbildung werden", forderte Professor Hans-Michael Straßburg, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie.

In Zukunft mehr soziale Probleme in Familien?

Studien zufolge leiden inzwischen acht bis 15 Prozent der Kinder an psychischen Störungen. Auch chronische und psychosomatische Erkrankungen nehmen zu.

Darüber hinaus verschärften sich künftig die sozialen Probleme der Familien. "Kinderärzte müssen sich daher zunehmend auch das soziale Umfeld der Kinder ansehen", so Straßburg.

Kinderärzte gehen daher davon aus, dass es zwar weniger Kinder gibt, diese aber eine intensivere Betreuung brauchen.

Um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten, plädieren die Kinderärzte für interdisziplinäre Versorgungsformen. Gerade der medizinische Nachwuchs scheue eine Niederlassung in einer Einzelpraxis auf dem Land, so Hartmann.

Umfragen belegten, dass Ärzte künftig vermehrt Beruf und Familie in Einklang bringen wollen. "Viele wollen daher lieber im MVZ als angestellter Arzt arbeiten, als das finanzielle Risiko einer Einzelpraxis einzugehen", sagte Hartmann.

Nur mit einer Anstellung - statt finanziellem Risiko - könne man den jungen Ärzten das Land schmackhaft machen.

Die SPD forderte erst kürzlich eine Ausweitung der Hausarztverträge auf Kinderärzte. Kindergesundheit sei bisher von der Bundesregierung vernachlässigt worden, so die Kritik.

Das Land Brandenburg hat derweil beschlossen, die Notfallversorgung für Kinder durch Telemedizin zu sichern.

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