Krebs

Wie lange macht die Antikoagulation Sinn?

Die Restthrombus-Last nach venöser Thromboembolie ist ein Indikator für das Rezidivrisiko. Neuen Daten zufolge gilt das auch für Krebspatienten. Welche Konsequenzen das für die Therapie hat, ist aber noch unklar.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Bei venösen Thrombembolien erhöhen Residuen das Risiko für erneute tiefe Venenthrombosen.

Bei venösen Thrombembolien erhöhen Residuen das Risiko für erneute tiefe Venenthrombosen.

© Stephen Gschmeissner/imagesour

PALERMO. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO) sollen Tumorpatienten zur Sekundärprophylaxe venöser Thrombembolien (VTE) für drei bis sechs Monate mit niedermolekularen Heparinen (NMH) behandelt werden, Risikopatienten mit fortbestehendem Tumorleiden auch länger.

Die Evidenz für diese Empfehlung ist allerdings mäßig; wünschenswert wäre, die Behandlung nach dem individuellen Risiko venöser Thrombembolien auszurichten.

Ärzte aus Italien haben deswegen in einer randomisierten Studie geprüft, inwieweit die Restthrombus-Last nach sechsmonatiger Antikoagulation das weitere Vorgehen leiten kann. Von Patienten mit venösen Thrombembolien ohne Krebs weiß man, dass Residuen von Thromben mit einem erhöhten Risiko für erneute tiefe Venenthrombosen verbunden sind. Bei Krebspatienten war dieses Risiko bisher noch nicht untersucht.

Untersuchung auf Restthromben

An der Studie (The Cancer-DACUS Study) beteiligt waren 347 Patienten mit einer symptomatischen tiefen Beinvenenthrombose und einer aktiven Krebserkrankung, davon 23 Prozent mit hämatologischen Malignomen. Nach einer sechsmonatigen Sekundärprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen wurden die Patienten per Kompressions-Ultraschall auf Restthromben untersucht (JCO 2014; online 29. September).

Bei 242 Patienten (69,7 Prozent) wurden Residuen gefunden. Bei ihnen wurde die Therapie mit niedermolekularen Heparinen nach dem Zufallsprinzip entweder für weitere sechs Monate fortgesetzt (Gruppe A1, n = 119) oder abgesetzt (Gruppe A2, n = 123).

In den zwölf Monaten nach dem jeweiligen Ende der Antikoagulation erlitten 15,1 Prozent der weiterbehandelten Patienten und 21,9 Prozent der Kontrollpatienten eine erneute venöse Thrombembolie; der Unterschied war nicht signifikant. Während der sechsmonatigen Zusatztherapie in A1 hatten außerdem vier weitere Patienten (3,4 Prozent) eine venöse Thrombembolie.

Ein deutlich niedrigeres Rezidivrisiko hatten die 105 Patienten ohne Restthrombus (Gruppe B), bei denen die niedermolekularen Heparine ebenfalls abgesetzt worden waren. Nach zwölf Monaten erreichte ihre Rate venöser Thrombembolien 2,8 Prozent. Die Blutungsraten waren relativ niedrig. Schwere Blutungskomplikationen waren mit drei in A1 und je zwei in A2 und B gleich verteilt.

"Die Abwesenheit von Residuen nach sechsmonatiger Therapie mit niedermolekularen Heparinen wegen venöser Thrombembolien identifiziert Krebspatienten mit niedrigem Risiko für ein Thromboserezidiv", fassen die Studienautoren um Mariasanta Napolitano von der Universität Palermo die wichtigste Erkenntnis zusammen.

Bei diesen Patienten könnten mit einer kurzfristigen, sprich sechsmonatigen Antikoagulation Krankheitslast und Blutungsrisiko reduziert werden.

Risiko auch fürs kontralaterale Bein

Ein Restthrombus bedeutete dagegen in der Studie nahezu eine Verzehnfachung des Risikos für eine erneute venöse Thrombembolie. 20 Prozent dieser Thrombosen betrafen übrigens das kontralaterale Bein. Die Restthrombus-Last scheint damit auch einen Marker für einen allgemeinen prothrombotischen Zustand darzustellen.

Wie die optimale Sekundärprophylaxe für diese Patienten aussehen soll, bleibt wohl auch nach dieser Studie offen. Eine Fortführung der Therapie resultierte zumindest im Jahr danach nicht in einem Rückgang des Risikos für venöse Thrombembolien.

Lesen Sie dazu auch: Kommentar zu Antikoagulation bei Krebs: Prognose ohne Wert?

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