Regresswelle

Hamburger Ärzte verunsichert

Die Richtgrößen für 2016 haben für Irritationen unter Hamburger Ärzten geführt. Manche befürchten Regresse - während der KV-Vorstand beruhigt. Nun soll die Beratung ausgebaut werden.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

HAMBURG. "Kein Anlass zur Panik. Ich glaube nicht, dass wir in diesem Jahr die große Regresswelle bekommen", sagt Hamburgs KV-Chef Walter Plassmann zu den Befürchtungen mancher Ärzte in Hamburg. Die hatten jüngst Post mit neuen Richtgrößen bekommen, die bei manchen zu deutlichen Abweichungen im Vergleich zu früher geführt haben. Grund ist die mit den Krankenkassen - notgedrungen - ausgehandelte Richtgrößenvereinbarung für das laufende Jahr. Die zuvor in Hamburg geltende Regelung musste überarbeitet werden, weil die neuen Richtgrößen altersjustiert und auf Basis tatsächlicher Verordnungsdaten aus 2014 berechnet werden müssen.

Die daraufhin erfolgte Simulationsrechnung war in Hamburg zwar angekündigt worden, die darin enthaltenen Abweichungen haben dann aber einige Ärzte massiv beunruhigt. Der KV-Vorstand sieht sich nun in seiner Auffassung bestätigt, "dass strikte bundesweite Vorgaben der Hamburger Versorgungsrealität nicht gerecht werden". Zugleich glaubt er aber nicht, dass die von manchen Ärzten befürchteten Regresse Realität werden.

Um die Unsicherheit abzubauen, wird als Sofortmaßnahme die Beratungskapazität der KV ausgebaut. Zusätzliche Berater sollen zeitnahe Termine ermöglichen. Und Plassmann stellte in der jüngsten Vertreterversammlung noch einmal klar, dass die Richtgröße um 25 Prozent überschritten sein muss, bevor ein Regress ausgesprochen werden kann. Außerdem bekommen betroffene Ärzte die Möglichkeit zur Stellungnahme. Nur fünf Prozent aller Ärzte einer Fachgruppe können mit Regress belegt werden. Und: Die Richtgröße wird nicht für einzelne Altersbereiche berechnet.

Plassmann räumte ein, dass die Kommunikation mit den verordnenden Ärzten zu diesem Thema nicht optimal war. So seien etwa die Praxisbesonderheiten nicht in die Hochrechnungen eingeflossen. Auf diese baut Plassmann. In einem Telegramm an die Ärzte schreibt der KV-Vorstand: "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass mit den individuellen Praxisbesonderheiten die Verordnungen plausibel erklärt werden konnten."

Die KV blickt in Sachen Verordnungen aber schon in die Zukunft und strebt einen Paradigmenwechsel an, damit solche Befürchtungen gar nicht mehr auftreten. Ziel ist eine ähnliche Vereinbarung wie in Bayern, wo es nach Angaben von Plassmann seit 2014 eine Regelung gibt, mit der das mit den Kassen vereinbarte Gesamtziel seit fünf Quartalen erreicht wurde (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Der Arzt verantwortet dabei nur die Wirkstoffauswahl und die Menge in den vereinbarten Verordnungszielen.

Es gibt keine Prüfung, wenn die KV-Ziele erreicht wurden und die Mengenausweitung insgesamt unter fünf Prozent bleibt. Wenn die KV-Ziele nicht erreicht werden konnten, gibt es noch Verrechnungsmöglichkeiten in der Fachgruppe und beim Arzt. Die Verantwortung für Preis und Morbidität liegt bei diesem Modell im Wesentlichen bei den Kassen. Die setzen dem KV-Favoriten derzeit allerdings noch ein eigenes Modell entgegen, das weiter auf Basis der bisherigen Richtgrößensystematik basiert.

Die KV lehnt dieses Modell ab, weil es retrospektiv ausgerichtet sei und keine Steuerungsmöglichkeiten biete. Die Verhandlungen über das künftige Modell laufen noch.

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