Landarzt in Mecklenburg-Vorpommern
Mit Werbeslogans auf Arztsuche
„Arbeiten, wo andere Urlaub machen“: Bei einer Diskussionsrunde der AOK Nordost traten einige Gesundheitspolitiker wie Werbetexter auf. Bei der Suche nach konkreten Politikinstrumenten gab es manche Gemeinsamkeit.
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Landidyll: Auf Hausbesuch in Mecklenburg-Vorpommern. Reichen urlaubsschöne Landschaften, um junge Ärztinnen und Ärzte anzulocken?
© Jens Büttner / dpa-Zentralbild / dpa
Schwerin. Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitspolitiker setzen für die kommende Legislaturperiode parteiübergreifend auf Lösungen, die die Versorgung stärker über die Sektoren verbindet. Bei den Argumenten, wie sie die dafür erforderlichen Fachkräfte gewinnen wollen, zeigten sie sich in einem digitalen Diskussionsforum der AOK Nordost allerdings wenig kreativ.
„Arbeiten, wo andere Urlaub machen“: Diesen oft genutzten Slogan nannte Zahnarzt Christian Bartelt, der als Gesundheitsexperte bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern für die FDP kandidiert, als einziges Argument auf die Frage, wie er Medizinstudierende davon überzeugen würde, dass sie in eben diesem Bundesland arbeiten sollten. Ähnlich hörten sich die Werbe-Versuche des Linken-Politikers Torsten Koplin und des CDU-Gesundheitsexperten Sebastian Ehlers an. „Das schönste Bundesland“, schwärmte Koplin, ein „Land zum Leben und Arbeiten“, nannte es Ehlers.
„Ärzte sind willkommen“
Julian Barlen von der SPD dagegen versuchte sich nicht als Werbetexter, sondern sagte schlicht: „Es gibt kaum ein anderes Bundesland, in dem Ärzte so willkommen sind.“ Arzt Dr. Harald Terpe, der für die Grünen kandidiert, nannte „dankbare Patienten.“
Ein weiteres Argument aus seiner Sicht: Im Nordosten stehe nicht die Ökonomie, sondern die Solidarität im Vordergrund des Gesundheitswesens. Das kam überraschend, wenige Minuten zuvor hatte er noch für eine Systemreformierung in Richtung Solidarität geworben und mehr Verantwortung der derzeit privat Versicherten angemahnt.
Auch Koplin sieht „Solidaritätsreserven“ im deutschen Gesundheitswesen, er forderte: „Starke Schultern müssen mehr tragen.“ Gelingen könnte dies nach Ansicht Barlens mit der Bürgerversicherung – was Bartelt erwartungsgemäß anders sah. Ehlers ließ sich auf diese Diskussion nicht weiter ein, weil diese Fragen nicht in Schwerin, sondern in Berlin entschieden werden.
Interprofessionelle Lösungen
Was aber könnte die Schweriner Gesundheitspolitik bewirken? Hier zeigten sich durchaus Gemeinsamkeiten. Die in weiten Teilen angespannte Versorgungslage erfordert nach Ansicht der Gesundheitspolitiker, neue Lösungen zu erproben, die sektorenübergreifend und interprofessionell gestaltet sind.
Mehrfach und parteiübergreifend betonten die Politiker, dass sie für solche Modelle aufgeschlossen sind. Mut macht ihnen, dass in Mecklenburg-Vorpommern mit „Schwester Agnes“ schon vor Jahrzehnten ein Modell aufs Gleis gesetzt wurde, das in abgewandelter Form in vielen Regionen umgesetzt wurde.
Das Thema Delegation und Substitution ist nach Ansicht Terpes längst reif für eine Weiterentwicklung. „Fachkräftemangel existiert überall, nicht nur bei den Ärzten. Wir brauchen neue Impulse im Land“, mahnte er. Die früheren Vorbehalte in seiner Berufsgruppe sind nach seiner Beobachtung deutlich geringer geworden: „Bei Ärzten herrscht keine Angst, dass ihnen etwas weggenommen wird.“ Nah an dieser Position zeigte sich Barlen, der betonte: „Wir brauchen jeden, der seinen Beitrag leisten will – Ärzte, Pflegekraft und andere.“ Polarisierende Diskussionen über den Stellenwert einzelner Berufsgruppen hält er für fehl am Platze.
Prävention muss mehr in den Fokus rücken
Diese Einstellung könnte auch im bevorstehenden Wahlkampf helfen, in dem Gesundheitspolitik nach Ansicht Koplins zu einem wichtigen Thema werden könnte – zu angespannt ist die Versorgungslage etwa in der Geburtshilfe oder in der Pädiatrie.
Daneben gehört aus seiner Sicht die Prävention in den Blickpunkt: Mecklenburg-Vorpommern hat in Relation zu seiner Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Menschen, die rauchen und trinken, die zu viel wiegen und an Diabetes erkrankt sind – ausreichend Themen für einen gesundheitspolitisch geprägten Wahlkampf wären also vorhanden.
Die wertvolle Arbeit der Enquêtekommission zur Zukunft der medizinischen Versorgung im Land, an der die Mehrheit dieser Diskussionsrunde beteiligt war, könnte bewirken, dass sich die Politiker im Wahlkampf auf die im Land drängenden Gesundheitsprobleme fokussieren.