Drogenpolitik

Cannabis-Freigabe: Saarland befürchtet Hasch-Tourismus aus Frankreich

An der Saar laufen Politiker, Ärzte, Suchtexperten und Polizisten Sturm gegen die Cannabis-Legalisierung. Die Landesregierung kündigte an, kommenden Freitag im Bundesrat den Vermittlungsausschuss anzurufen.

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Eine Person raucht einen Joint.

Eine Person raucht einen Joint.

© Fabian Sommer/dpa

Saarbrücken. Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) befürchtet zunehmenden Drogentourismus aus Frankreich, wenn die Cannabis-Legalisierung beschlossen wird. Conradt sorgt sich um die Schulen und die Sicherheit in seiner Stadt. Dealer könnten dann weitgehend unkontrolliert agieren. „Gerade im Umfeld der Schulen“, so der OB, „kann dieses Gesetz zu einer Verschärfung der Sicherheitslage führen“.

Der Bundesregierung wirft Conradt vor, sich bei diesem Thema nicht eng mit Frankreich abzustimmen. „Man muss mehr und mehr den Eindruck gewinnen, Grenzregionen wie die unsere sind der Bundesregierung egal“. Die mangelnde Absprache mit Frankreich bedeute aber „erhebliche Risiken“ für das grenznahe Saarbrücken.

„An vielen Schulen findet Suchtprävention gar nicht statt“

Auch von Medizinern und Suchtexperten reißen die Warnungen nicht ab. „Wir brauchen kein „Mehr“ an Betäubung“, klagt der Therapeut von den der saarländischen Sucht-Klinik Münchwies, Wolfgang Bensel, bei einer Diskussionsveranstaltung der Frauen Union am Montagabend (18. März) in Saarbrücken. In seiner Klinik hätten inzwischen rund ein Viertel der Patienten auch eine „Cannabis-Problematik“. Vor 15 Jahren sei dies nur eine Randerscheinung gewesen.

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Der Geschäftsführer der Drogenhilfe Saarbrücken, Sven Schäfer, erklärte auf der Veranstaltung, man brauche mehr Jugendschutz und mehr Geld für Prävention. Die Erst-Konsumenten würden immer jünger. „Wir sind jetzt schon bei unter 15 Jahren“. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Alwin Theobald, macht allerdings wenig Hoffnung, dass es mehr Geld für die Prävention vom Bund gebe. Dabei mache man in diesem Bereich schon jetzt nicht genug. „An vielen Schulen im Saarland“, so Theobald, „findet Suchtprävention gar nicht statt“.

Fraktionsübergreifend pro Vermittlungsausschuss

Im Saarländischen Landtag haben sich diese Woche alle Fraktionen dafür ausgesprochen, das Cannabis-Gesetz im Bundesrat nicht durchzuwinken, sondern den Vermittlungsausschuss anzurufen – allerdings mit unterschiedlichem Zungenschlag. Während sich CDU-Fraktions-Vize Anja Wagner-Scheid wünscht, dass der Gesetzentwurf aus dem Vermittlungsausschuss gar nicht mehr herauskommt, hofft die SPD auf Verbesserungen. Der Entwurf muss nach Ansicht von Fraktionschef Ulrich Commercon vor allem rechtssicher gemacht werden.

Die SPD-Landesregierung hat sich bei der Frage, wie sie im Bundesrat zum Cannabis-Gesetz abstimmt, lange bedeckt gehalten. Die Drogenbeauftragte der Regierung, Bettina Altersleben, nennt das Gesetz „einen wichtigen Schritt“ zur Entkriminalisierung – forderte aber ebenfalls Nachbesserungen, zum Beispiel bei der Prävention. Am Dienstagmittag (19. März) beschloss nun auch die Landesregierung, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Regierungssprecher Lange erklärte anschließend, man wolle, dass die Prävention für Kinder und Jugendliche verbessert wird und strenge Regeln für junge Menschen unter 25 gelten. (kin)

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