Nordrhein

Trotz Corona keine Delle bei Niederlassungen

Die Niederlassung ist auch in Corona-Zeiten weiter eine Option für junge Ärzte. Zumindest in Nordrhein gibt es bislang keinen Einbruch bei den Zulassungen, berichtet KV-Chef Bergmann beim „Gesundheitskongress des Westens“.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Auch der Gesundheitskongress des Westens findet wegen Corona erstmals in hybrider Form statt. Dr. Philipp Stachwitz, Director Medical Care beim health innovation hub des Bundesgesundheitsministeriums, war per Video zugeschaltet.

Auch der Gesundheitskongress des Westens findet wegen Corona erstmals in hybrider Form statt. Dr. Philipp Stachwitz, Director Medical Care beim health innovation hub des Bundesgesundheitsministeriums, war per Video zugeschaltet.

© WISO/Schmidt-Dominé

Köln. Die Coronavirus-Pandemie hat bislang im Rheinland keinen gravierenden Einfluss auf die Bereitschaft von Ärzten, sich niederzulassen.

„Wir haben auch während der Corona-Zeit kaum eine Delle bei den Zulassungen erlebt“, berichtete der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), Dr. Frank Bergmann, auf dem „Gesundheitskongress des Westens 2020“ in Köln.

Der Kongress fand erstmals in hybrider Form statt, das heißt er konnte vor Ort in Köln oder live im Internet verfolgt werden. Nicht alle Redner mussten anreisen, zum Teil waren sie online zugeschaltet – so wie Bergmann und seine Mitdiskutanten.

Fördermittel für Praxisgründung gefragt

Bergmann nannte ein weiteres Indiz für das Interesse an der Niederlassung: „Auch die Inanspruchnahme von Fördermitteln aus dem Strukturfonds ist ungebrochen.“ Über den Strukturfonds fördern die KVNo und die Krankenkassen Maßnahmen zur Verbesserung der ambulanten Versorgung, etwa durch Zuschüsse bei Praxisgründungen, die Unterstützung des Quereinstiegs in die Allgemeinmedizin oder die Förderung von Famulaturen und Hospitationen.

Die kommenden Monate werden nach Einschätzung des KVNo-Chefs entscheidend für die weitere Entwicklung sein. „Die langfristigen Auswirkungen der Pandemie werden stark davon abhängig sein, wie es uns gelingt, in den Praxen wieder eine Normalität herzustellen.“

Vorbereitungen für zweite Corona-Welle laufen

Angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Infektionszahlen sei es wichtig, die Patienten zu steuern. Die Praxen sollen durch separate Diagnostikzentren und bei Bedarf auch durch Behandlungszentren entlastet werden, sagte er. „Wir sind dabei, die Testzentren, die in den vergangenen Monaten auf Standby geschaltet waren, wieder hochzufahren.“

Das Schutzmaterial ist für ihn bis heute die größte Herausforderung. Schutzkittel seien immer noch nicht in ausreichendem Maße lieferbar, berichtete Bergmann. „Der Adrenalin-Spiegel steigt jetzt langsam wieder.“

Für die Praxen war es nach seinen Angaben eine große Hilfe, dass sie ohne Patientenkontakt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen übermitteln konnten. Auch die gestiegene Inanspruchnahme von Videosprechstunden bewertete er positiv. „Es hat sich gezeigt, dass digitale Medien genutzt werden, wenn der Background stimmt.“

Digitale Medizin nicht aus der Hand geben

In der Krise habe es sich bewährt, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband bereits im Vorfeld die Rahmenbedingungen für die Videosprechstunden verbessert hatten, sagte Dr. Philipp Stachwitz, Schmerztherapeut und Director Medical Care beim health innovation hub des Bundesgesundheitsministeriums. Corona sei zwar der Auslöser für den Boom der Videosprechstunden gewesen. „Er traf aber auf eine gute Vorbereitung.“

Die Haltung der Ärzteschaft zur Digitalisierung sei zunehmend positiv. Stachwitz, der selbst einen Tag in der Woche in einer schmerztherapeutischen Praxis arbeitet, begrüßt das. Diese Aufgeschlossenheit sei notwendig, damit die Ärztinnen und Ärzte das Heft des Handelns in der Hand behalten. Sonst würden das andere übernehmen, warnte er.

Ein Indiz: In der Schweiz ist die telemedizinische Versorgung auch beim Erstkontakt schon sehr verbreitet. „Große Anbieter behandeln bis zu 50 Prozent der Patienten abschließend telemedizinisch.“

Die Kollegen müssen sich auf solche Veränderungen einstellen, findet Stachwitz. Dazu gehört für ihn auch der Ausbau der sicheren digitalen Kommunikation – sowohl mit anderen Ärzten als auch mit Patienten.

Homeoffice für Kölner Klinikärzte

In den Kliniken gewinnt der virtuelle Austausch ebenfalls an Bedeutung, sagte Dr. Florian Siedek, Oberarzt am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Uniklinik Köln. Die Klinik hat wegen der Pandemie an alle Ärzte in der Radiologie Laptops verteilt, damit sie von Zuhause arbeiten können. „Ich glaube, dass wir in der Uniklinik immer mehr sichere virtuelle Kanäle nutzen werden“, erwartet er.

An der Kölner Uniklinik ist ein Webtool entwickelt worden, das die Prozesse rund um die Corona-Testung verbessert und die Patienten lenkt (wir berichteten). Es wird gut angenommen, berichtete Siedek. Er geht davon aus, dass solche Angebote auch künftig helfen werden, Besucher- und Patientenströme besser zu organisieren. „Webtools machen den Arbeitsplatz Krankenhaus sicherer.“

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