Nährwertkennzeichnung

Foodwatch wirft Klöckner „Studienmanipulation“ vor

Foodwatch wirft dem Bundesernährungsministerium vor, beim Thema Nährwertkennzeichnung Industrieinteressen stärker im Blick zu haben, als die Gesundheit der Bevölkerung.

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Berlin. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) soll die Einführung einer erweiterten Nährwertkennzeichnung auf Fertigprodukten absichtlich hinausgezögert haben, indem es eine wissenschaftliche Studie vor der Veröffentlichung stark überarbeitete. So der Vorwurf der Verbraucherorganisation Foodwatch, die auf Herausgabe der Originalstudie geklagt hatte.

Konkret geht es um eine Studie des bundeseigene Max-Rubner-Instituts, (MRI) das vom Bundesernährungsministerium mit einer Analyse verschiedener europäischer Nährwertkennzeichnungsmodelle beauftragt worden war. Die Studie wurde im April 2019 vom BMEL veröffentlicht.

Klöckner verschickt Mitteilung

In der Pressemitteilung erklärte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) seinerzeit, das MRI sei in seiner Bewertung zu der Einschätzung gekommen, „dass keines der bestehenden Systeme eine optimale Lösung für die Verbraucher“ biete.

In der Originalstudie hingegen bezeichnet das MRI zwei Kennzeichnungsmodelle, darunter auch der Nutri Score, als „grundsätzlich vorteilhaft“ und empfiehlt, sich an einem der beiden Modelle zu orientieren.

Der Vorgang zeige, „dass weder unabhängige Forschung noch die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern die Wünsche der Industrie Maßstab ihres (Klöckners – Red.) politischen Handelns sind“, kritisiert Luise Molling von Foodwatch.

Ministerium weist Vorwürfe zurück

Das BMEL weist die erhobenen Vorwürfe auf Anfrage zurück. Sie „entbehren einer sachlichen Grundlage“, heißt es aus dem Ministerium. Klöckner habe sich bei der Auswahl eines erweiterten Nährwertkennzeichnungsmodell „stets ergebnisoffen“ gezeigt.

Dem Auftrag des Ministerium an das MRI habe ausdrücklich besagt, „keine Priorisierung der untersuchten Modelle enthalten, um ein unabhängiges und auch unangreifbares Verfahren zu gewährleisten, auf dem auch die Verbraucherbefragung aufbaute“.

Aus diesem Grund habe das BMEL das MRI gebeten, die Studie auf die Aufgabenstellung des Erlasses zu konzentrieren und klarzustellen, wo Entscheidungen seitens der Politik nötig sein werden. Die noch ausstehende Verbraucherforschung sollte ergebnisoffen durchgeführt werden.

Brüssel prüft Verordnungsentwurf

Nachdem sich bei einer Verbraucherbefragung eine Mehrheit für den Nutri-Score ausgesprochen hatte, kündigte Klöckner im September 2019 an, in Deutschland die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des Nutri-Scores zu schaffen. Seit März liegt eine entsprechende Verordnung zur Billigung bei der EU-Kommission in Brüssel.

Anschließend werde die Verordnung dem Bundesrat übergeben, heißt es aus dem BMEL. Mit dem Inkraffttreten der Verordnung ist den Angaben zufolge in der zweiten Hälfte dieses Jahres zu rechnen. (mu)

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