Kanonenkugeln und Lieder gegen Schnarchen

ALFELD (ddp). Wenn im Schlafzimmer der Lärmpegel steigt, ist das für eine harmonische Ehe alles andere als förderlich. Schon so manche übermüdete Frau hat vor den Schnarchattacken des Gatten die Waffen gestreckt und sogar die Scheidung eingereicht. Im Schnarch-Museum im niedersächsischen Alfeld können sich Betroffene, Partner und Interessierte über die Geschichte des zuweilen skurrilen, teils aber auch wissenschaftlich fundierten Kampfs gegen das nächtliche Sägen informieren.

Veröffentlicht:

Gründer des Schnarch-Museums ist Josef Wirth. Der 53 Jahre alte ärztliche Leiter des Instituts für Schlafdiagnostik in Alfeld hat das Museum im Februar 2000 eröffnet. Er wolle, daß die Besucher lächelnd hinein- und belehrt hinausgingen, sagt Wirth. Denn vielen sei gar nicht bewußt, daß Schnarchen im schlimmsten Fall eben eine lebensbedrohliche Erkrankung sei, die sogar zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen könne.

Im Kampf gegen die nächtliche Ruhestörung wurden schon vor Jahrhunderten recht abenteuerliche Methoden ersonnen. Schnarchenden Soldaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775 bis 1783) wurde beispielsweise eine kleine Kanonenkugel in die Rückseite der Uniformjacke genäht. Dies sollte sie von der angeblich geräuschfördernden Rückenlage abhalten und die Kampfkraft der Truppe erhalten.

Ende des 19. Jahrhunderts kam es nach Aussagen von Wirth zu einem wahren Boom an Erfindungen. Maulkörbe, Mundprothesen und Kinnbinden bekämpften aber lediglich die Symptome. Die in den Gehörgängen abzubrennenden Ohrkerzen dagegen dürften wohl keinem einzigen Schnarchenden geholfen haben. Zweifel an der Wirksamkeit sind auch bei einem Buch aus den USA der 70er Jahre angebracht. Die darin enthaltenen Lieder sollten angeblich die Muskulatur des Singenden besonders stärken und ihn so vom Schnarchen kurieren.

Mit dem Siegeszug der Elektrizität wurden viele neue Gerätschaften zur Schnarchbekämpfung entwickelt. Elektrische Geräte am Handgelenk oder unter dem Kopfkissen reagieren auf Körperschwingungen oder akustische Signale und lösen durch Rüttelbewegungen einen Positionswechsel des Schlafenden aus - sozusagen als elektronischer Ersatz für die Knüffe der genervten Ehefrau. Effektiver und gesünder ist hingegen der Einsatz einer Atemmaske, die an einen Kompressor angeschlossen wird. Das Gerät sorgt dafür, daß die oberen Atemwege ständig offen gehalten und so gefährliche Atemaussetzer vermieden werden.

Auch operativ rücken Ärzte heutzutage dem Schnarchen zu Leibe. Zum Teil werden die Mandeln entfernt oder wird das Zäpfchen gekürzt. Auch dies sei jedoch keine endgültige Lösung, da das Schnarchen meist nach einer gewissen Zeit erneut auftrete. Dauerhaft wirkende Therapien gebe es nach wie vor nicht, sagt der Schlafforscher. Dafür seien die Ursachen einfach zu vielfältig. Streß, Rauchen, Alkohol oder anatomische Merkmale wie ein zu langes Zäpfchen und ein zu weicher Gaumen könnten einen Menschen zum Schnarchen bringen. Deshalb müßten sich die Mediziner auch heute noch in erster Linie auf die Bekämpfung der Symptome konzentrieren.

Wenn das Schnarchen nicht gerade krankhafte Züge annimmt, ist es Wirth zufolge eigentlich ein ganz natürliches Produkt der menschlichen Evolution. Das Schnarchen habe in Urzeiten wilden Tieren signalisiert, daß wehrhafte Männer zum Schutz der Stammesfrauen anwesend sind. Zum Leidwesen vieler geplagter Ehefrauen hat die Evolution bis heute leider nicht auf das Aussterben von Säbelzahntiger und Höhlenlöwe reagiert.

Das Schnarch-Museum Alfeld in der Wilhelm-Knigge-Straße 20 ist mittwochs, samstags und sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Infos unter: www.schnarchmuseum.de

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
PAP senkt Mortalität signifikant

© ResMed

Lancet: Neue Meta-Analyse

PAP senkt Mortalität signifikant

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

© ResMed

PAP scheitert oft

Wie UKPS den Weg zurück in die Therapie öffnet

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Schlafstörungen als Warnsignal

© shapecharge | iStock

Früherkennung Demenz

Schlafstörungen als Warnsignal

Anzeige | ResMed Germany Inc.
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau