Andere Länder, andere Konzepte

Supermarkt führt „Klatschkassen“ ein

Gehetzt und genervt an der Kasse stehen? In einer niederländischen Kleinstadt gibt es eine Supermarktkasse zum entspannten Tratschen. Das soll der seelischen Gesundheit von Senioren dienen.

Alexander JoppichVon Alexander Joppich Veröffentlicht: | aktualisiert:
Entspanntes Gespräch statt hektischem Einpacken: In diesem niederländischen Supermarkt darf an einer „Klatschkasse“ in Ruhe über Gott und alles sonstig Mögliche geplaudert werden, was insbesondere Senioren helfen soll.

Entspanntes Gespräch statt hektischem Einpacken: In diesem niederländischen Supermarkt darf an einer „Klatschkasse“ in Ruhe über Gott und alles sonstig Mögliche geplaudert werden, was insbesondere Senioren helfen soll.

© Jumbo Fotografie

Vlijmen. Eine ältere Dame kramt behutsam in ihrem Geldbeutel nach den passenden Münzen zum Bezahlen. Sie fragt die Kassiererin im Supermarkt währenddessen nach dem neuesten Tratsch in der Stadt – die Kassiererin erzählt ihr gerne, was in den letzten Tagen passiert ist. Die Anderen in der Warteschlange regen sich nicht etwa auf über die langsame Abwicklung des eigentlich schnöden Geschäftsvorgangs, sondern warten geduldig, bis sie an der Reihe sind. Sie haben Zeit mitgebracht – und sich diese Kasse bewusst ausgesucht: Im Supermarkt Jumbo im niederländischen Ort Vlijmen steht eine „Kletskassa“, auf Deutsch: eine „Klatschkasse“.

An der Kasse zum Tratschen können die Kunden einen Hauch Tante Emma-Laden erleben. Diejenigen, die sich hier anstellen, bringen mehr Zeit mit als der Durchschnittskunde, der froh ist, so schnell wie möglich aus dem Supermarkt wieder draußen zu sein. Damit setzt der niederländische Markt einen bewussten Kontrapunkt zum oftmals stressigen Einkaufsalltag, eine Spur Entschleunigung.

Was sollen Klatschkassen bewirken?

Die „Kletskassa“ soll insbesondere Älteren helfen, die bekanntlich auch in Deutschland oft vereinsamen und dadurch psychische Erkrankungen entwickeln. Deshalb hat der Markt auch eine Kaffee-Ecke eingerichtet, in der sich die älteren Bewohner mit jüngeren Nachbarn zum Plaudern treffen sollen, schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite. In der Kaffee-Ecke stehen deshalb Freiwillige von der Stiftung „Alles Voor Mekaar“ (Alles für einander) bereit: Sie unterhalten sich mit den redewilligen Senioren, schenken ihnen Aufmerksamkeit und bieten auch bei Bedarf Hilfe an, so das Unternehmen weiter. Die Älteren bräuchten „Hilfe zum Beispiel bei der Hausarbeit, beim Einkaufen oder beim Transport. Wir verbinden diese älteren Menschen mit Anwohnern“, begründet Alexander van Weert von „Alles Voor Mekaar“ das Engagement der Stiftung.

Auch die Politik zeigt sich erfreut von der Idee. „Einsamkeit ist ein wachsendes soziales Problem. (...) Es ist schön zu sehen, dass eine lokale Organisation mit Unterstützung der Geschäftswelt so viel bewirken kann“, wird der niederländische Gesundheitsminister Hugo de Jonge von Jumbo zitiert.

In Deutschland gibt es derzeit wohl keine „Klatschkassen“. Die Idee könnte aber auch für deutsche Senioren aus Präventionssicht interessant sein.

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