Ärzte sollen mit Patienten über ökonomische Zwänge reden

Vertragsärzte sollten ihren Patienten ruhig sagen, dass ihre Verordnungen unter einem Spardiktat stehen, meint BDI-Vizepräsident Dr. Hans-Friedrich Spies.

Veröffentlicht:
Dr. Hans-Friedrich Spies: "Ärzte lassen sich dazu missbrauchen, ökonomische Zwänge medizinisch zu begründen."

Dr. Hans-Friedrich Spies: "Ärzte lassen sich dazu missbrauchen, ökonomische Zwänge medizinisch zu begründen."

© KV Hessen

BERLIN (af). Führt die Ökonomisierung des Gesundheitswesen direkt zu einer Verschlechterung des Arzt-Patienten-Verhältnisses?

"Die Patienten bekommen das Gefühl, dass sie das medizinisch Notwendige nicht mehr bekommen", sagte der 2. Vizepräsident des Berufsverbandes Deutsche Internisten, Hans-Friedrich Spies am Donnerstag in Berlin.

Ökonomische Vorgaben nicht medizinisch begründen

Seit vier Jahren hält der Verband den Internistentag in der Bundeshauptstadt ab. Regelmäßig nutzen die Verbandsspitzen die Auftaktpressekonferenzen dazu, berufspolitische Grundsatzaussagen zu treffen.

Spies warnte seine Kollegen davor, ökonomische Vorgaben beim Patienten medizinisch zu begründen. Ärzte würden nämlich als Bestandteile eines ökonomisch orientierten Gesundheitswesens betrachtet.

Mut aufbringen

Sich diesem Primat der Ökonomie völlig zu unterwerfen, führe beim Patienten zu einer Auflösung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und dem behandelnden Arzt.

Stattdessen sollten Ärzte den Mut aufbringen, dem Patienten zu sagen, dass eine Verordnung oder Leistung vom ökonomischen System bestimmt werde und sie in bestimmten Fällen die medizinische Verantwortung in dieser Form nicht tragen könnten.

"Der Arzt muss sich wieder aus der Rolle des Erfüllungsgehilfen ökonomischer Vorgaben befreien", sagte Spies. Seiner Ansicht nach gefährde ein solches Verhalten die Zulassung nicht.

Ärzten werden individuelle Verordnungen genommen

Spies nannte Beispiele. Die Leistungskataloge der ambulanten und stationären Versorgung hätten sich weit auseinander entwickelt. Es sei Patienten kaum noch verständlich zu machen, warum sie eine Leistung im Krankenhaus erhalten hätten, die ihnen ambulant nicht zu Lasten der Kasse verordnet werden könne.

Dazu komme, dass Ärzten durch Festbeträge, Generika und Rabattverträge die Möglichkeiten der individuellen Verordnung genommen werde.

Der Verbands-Vize blieb nicht bei den niedergelassenen Ärzten stehen. Die Situation der Ärzte im Krankenhaus sei noch kritischer. Dort bestimmten die Vorgaben des Controllings das ärztliche Handeln.

Mehr selbstständige Ärzte in der stationären Versorgung könnten die Situation verbessern helfen, da sie weniger weisungsgebunden als Angestellte seien.

Lesen Sie dazu auch: Wesiack: "Tod der Fachärzte" nicht in Sicht

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Reform des Bereitschaftsdienstes

Neues Fahrdienst-Modell geht in Nordrhein live

Gesundheitspolitischer Wunschzettel

vfa-Chef Han Steutel: „Es lohnt, allen Stakeholdern gut zuzuhören“

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Daten aus Wales

Infarktrisiko steigt offenbar auch nach Harnwegsinfekt

Einstufung in den Pflegegrad

Pflegebegutachtung: Wann hausärztlicher Rat gefragt ist

Lesetipps
„Nicht jeder Mensch ab 70 wird künftig Statine nehmen, aber es werden mehr als bisher sein“, prognostiziert Kollegin Erika Baum von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin.

© Rafal Rutkowski / stock.adobe.com

„Erheblicher zusätzlicher Beratungsbedarf“

Statine: Was der G-BA-Beschluss für Praxen bedeutet

Ein Geldschein liegt in einer Mausefalle.

© photo 5000 / stock.adobe.com

Knackpunkt Selbstzahlerleistungen

Der richtige Umgang mit IGeL-Fallen

Stethoskop auf Geldmünzen

© oppoh / stock.adobe.com / Generated by AI

EBM-Abrechnung 2026

Vorhaltepauschale 2.0: Bei 10 Kriterien ist für jeden was dabei