AstraZeneca-Kontroverse

Ärzteverbände: „Alle zugelassenen Impfstoffe sind wirksam“

Ärzteverbände werben für die Impfung mit allen zugelassenen Vakzinen, auch mit dem AstraZeneca-Produkt. Die Bundesärztekammer rüffelt unterdessen ihren Ex-Chef Montgomery.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ab in die Spritze – und dann in den Arm: Corona-Vakzine von AstraZeneca.

Ab in die Spritze – und dann in den Arm: Corona-Vakzine von AstraZeneca.

© TT NYHETSBYRN / picture alliance

Berlin. Zunehmende Nachweise von Mutationen bei SARS-CoV-2 sorgen für Druck auf die Impfkampagne, auch unter Ärzten, Praxispersonal und Pflegekräften. Die Zeit dränge, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesärztekammer sowie von Virchowbund, Hartmannbund, Marburger Bund und Fachgesellschaften der Intensivmediziner und Virologen.

„Alle Impfstoffe, die die Prüfung durch die europäische Zulassungsbehörde bestanden haben, sollten zügig entsprechend der vorliegenden Priorisierung verimpft werden“, heißt es in der am Donnerstag verbreiteten Erklärung. „Wir werben deshalb mit Nachdruck dafür, dass alle prioritär impfberechtigten Beschäftigten in der ambulanten und stationären Versorgung jetzt die Chance der Impfung gegen SARS-CoV-2 ergreifen“, schreiben die Autoren.

Verstärkter Einsatz bei Ärzten

Die Ärzteverbände reagieren damit auf vielfältig geäußerte Bedenken gegen den Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens AstraZeneca. Auch von Nebenwirkungen wurde berichtet. In einigen Kliniken wurden die Impfungen des Personals wegen teilweise heftiger, aber vorübergehender Impfreaktionen gestoppt.

Dagegen schreiben die Ärzteverbände in ihrer Mitteilung, dass für jeden COVID-19-Impfstoff, für den eine Zulassung erteilt wird, Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in klinischen Prüfungen nachgewiesen und ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil bescheinigt werden müssten.

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Die derzeit in Deutschland verfügbaren Impfstoffe von AstraZeneca, BioNTech/Pfizer und Moderna hätten diese Prüfung durchlaufen und würden für die bislang in Deutschland dominierenden Virusvarianten „als geeignet zum Individualschutz und zur Bekämpfung der Pandemie angesehen. Sie helfen, schwere Krankheitsverläufe und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden“, heißt es in der Mitteilung. Ähnlich hatte sich bereits am Mittwoch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO) Professor Thomas Mertens geäußert.

Spahn: „Ich bin von Zulassungsprozessen überzeugt“

Der Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs wird in Deutschland nur bis zu einem Alter von einschließlich 64 Jahren empfohlen. Deshalb hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eigens die Impfverordnung modifiziert. Die Vakzine soll demnach verstärkt bei den priorisierten Gruppen unter 65 Jahren eingesetzt werden. Dazu zählen insbesondere auch Ärzte und Pflegepersonal.

„Ich bin von den Zulassungsprozessen überzeugt“, hatte sich auch Jens Spahn am Mittwoch bereits geäußert. Er würde sich auch mit dem AstraZeneca-Impfstoff impfen lassen, werde aber wegen der „Vordrängler-Debatte“ von symbolischen Aktionen derzeit absehen. Tatsächlich sind nach Angaben Spahns von den bislang 740.000 ausgelieferten Dosen des im Fokus stehenden Impfstoffs bislang lediglich 90.000 verimpft. Impfreaktionen dürften nicht mit Nebenwirkungen in einen Topf geworfen werden, sagte Spahn.

BÄK: Montgomery nicht autorisiert

„Es gibt aufgrund derzeitiger wissenschaftlicher Erkenntnisse keinen Grund zu der Annahme, dass der Impfstoff von AstraZeneca eine relevant schlechtere Wirksamkeit habe als die anderen zugelassenen Impfstoffe“, äußert sich auch die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und Präsidentin der Ärztekammer Bremen Dr. Heidrun Gitter in der Debatte.

Gitter reagiert damit auf Äußerungen von Professor Frank Ulrich Montgomery, dem Ratsvorsitzenden beim Weltärztebund. Der hatte in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ Verständnis für medizinisches Personal geäußert, das sich nicht mit der AstraZeneca-Vakzine impfen lassen wolle.

„Die geringere Wirksamkeit lasse sich nicht wegdiskutieren“, sagte Montgomery. Der ehemalige Präsident habe keine Autorisierung, im Namen der deutschen Ärzteschaft Erklärungen abzugeben, heißt es in der Erklärung aus der BÄK.

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