Versorgungsforschung

Befragung in bayerischen Notaufnahmen: Fast jeder hält seinen Fall für „dringlich“

Befragungen von 7.500 Patienten in 18 bayerischen Notaufnahmen zeichnen ein Bild der Selbstwahrnehmung von Patienten: Viele kennen die Angebote der 116117 kaum, die Bereitschaft zu einer digitalen Selbsteinschätzung ist gering.

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Ein Wegweiser leitet im Universitätsklinikum Augsburg zur Notaufnahme. Für eine Studie sind rund 7.500 Patienten in 18 bayerischen Notaufnahmen befragt worden.

Ein Wegweiser leitet im Universitätsklinikum Augsburg zur Notaufnahme. Für eine Studie sind rund 7.500 Patienten in 18 bayerischen Notaufnahmen befragt worden.

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Berlin/München. 88 Prozent der Menschen, die eine Notaufnahme in Bayern aufgesucht haben, schätzen jeweils ihren Fall als „dringlich“ oder sogar als „Notfall“ ein. Nur jeder Fünfte ging dabei davon aus, dass sein Anliegen auch vertragsärztlich hätte versorgt werden können.

Das geht aus einer Befragung von rund 7.500 Patienten in 18 bayerischen Notaufnahmen im Zeitraum von September bis Ende November 2024 hervor. Zum Vergleich: Im Untersuchungszeitraum hatten etwa 34.500 Patienten die beteiligten Notaufnahmen aufgesucht.

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) habe gemeinsam mit mehreren Projektpartnern auf diesem Wege versucht, „ein tieferes Verständnis für die subjektiven Vorstellungsgründe von Hilfesuchenden gewinnen“, heißt es in einer Mitteilung des Zi vom Dienstag.

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Zwei von drei der Befragten (63 Prozent) berichteten, sie hätten entweder selbst entschieden, die Notaufnahme aufzusuchen, oder seien von Freunden, Bekannten oder Kollegen dazu angehalten worden, heißt es. Knapp 40 Prozent der befragten Patienten gaben laut Zi an, sie hätten im Vorfeld des Besuchs der Notaufnahme versucht, eine haus- oder fachärztliche Praxis zu kontaktieren.

Unkenntnis über die Leistungen der 116117

Deutlich wurde in der Befragung, dass die Angebote der Servicenummer 116117 vielen Menschen nicht bekannt sind. Rund 62 Prozent gaben zwar an, die Nummer grundsätzlich zu kennen. Doch nur rund ein Drittel der Befragten (34,8 Prozent) wusste, dass über diese Nummer der Ärztliche Bereitschaftsdienst erreicht werden kann.

Und mehr als drei von vier Befragten war nicht bekannt (76,8 Prozent), dass über die 116117 eine Vermittlung von Terminen in Arztpraxen möglich ist. Allerdings habe sich der Kenntnisstand in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Migrationshintergrund und Online-Informationsverhalten stark unterschieden.

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Relativ gering fiel bei der befragten Gruppe die Bereitschaft aus, eine strukturierte digitale Selbsteinschätzung vorzunehmen – dies traf nur auf knapp 24 Prozent der Interviewten zu. Allerdings gaben etwa 90 Prozent aus dieser Gruppe an, sie hätten ein Terminangebot in einer Praxis, das ihnen nach einer digitalen Selbsteinschätzung unterbreitet worden wäre, angenommen.

Der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried folgert aus den Studienergebnissen, „dass die wahrgenommene Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung und gesundheitsbezogenen Ängste eine große Rolle bei der subjektiven Dringlichkeitseinschätzung spielen“. Aus seiner Sicht bestätigt dies die Notwendigkeit, den Zugang zur Notaufnahme strukturiert zu steuern.

Die telefonischen und digitalen Angebote des Patientenservice unter der 116117 könnten durch Terminvermittlung und Beratung einen wesentlichen Beitrag in diesem Prozess leisten, so von Stillfried. (fst)

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