Anti-Korruptionsgesetz

Bleibt Patientenschutz auf der Strecke?

Die Koalitionsexperten streiten über die jüngsten Änderungsvorschläge am Anti-Korruptionsgesetz. Die Abstimmung könnte länger dauern als gedacht.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Dr. Edgar Franke (SPD) will sich nicht mit dem Vorhaben anfreunden, die Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen auf wettbewerbliche Aspekte einzuschränken.

Dr. Edgar Franke (SPD) will sich nicht mit dem Vorhaben anfreunden, die Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen auf wettbewerbliche Aspekte einzuschränken.

© Juan Ignacio Mazzoni/dpa

BERLIN. Kurz vor Ostern hatten sich Rechtspolitiker von Union und SPD auf Änderungen am Gesetzentwurf zur Korruptionsbekämpfung im Gesundheitswesen geeinigt. Danach sollte unter anderem die vielfach kritisierte Tatbestandsalternative wegfallen, wonach auch Vorteilsnahme und -gewährung für Verstöße gegen berufsrechtliche Unabhängigkeitspflichten strafbar wären. Das Gesetz könne noch im April verabschiedet werden, hieß es.

Heißt es jetzt Kommando zurück? Der SPD-Abgeordnete Dr. Edgar Franke, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, will, wie gestern bereits kurz berichtet, die Änderungsvorschläge nicht widerstandlos durchwinken und kündigt Diskussionsbedarf an.

Vorschlag nicht abgesprochen

Mit den Gesundheitspolitikern sei die ersatzlose Streichung des Berufsrechts - und infolgedessen die Konzentration der Korruptionsbekämpfung auf das Rechtsgut Wettbewerbsschutz - nicht abgestimmt worden, moniert Franke im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Der Patientenschutz drohe, auf der Strecke zu bleiben. Franke: "Verzichtet der Gesetzgeber auf eine wettbewerbsunabhängige Tatalternative, besteht Anlass zur Sorge, dass korruptive Handlungen in Monopolsituationen nicht strafbar sein werden".

Beispielhaft sei etwa an Schmiergeldzahlungen für die Verordnung patentgeschützter Produkte zu denken, die nicht zugleich auch von Parallelimporteuren ausgeboten werden, oder auch an Kick-backs für die Rezeptierung in der Regel monopolistisch vertriebener Orphan Drugs.

Einspruch auch von Transparency

Franke betont, dass es ihm "um die Sache geht. Ich habe ein gutes Verhältnis zur organisierten Ärzteschaft und zur Pharmaindustrie." Er könne die Bedenken durchaus verstehen, die gegen den Berufsrecht-Passus in der bisherigen Version des Gesetzentwurfes vorgebracht werden.

Wenn man auf diese zweite Tatbestandsalternative aber verzichten wolle, müsste im Gegenzug wenigstens eine Legaldefinition des Patientenschutzes in den Gesetzestext aufgenommen werden.

Kritik an den Änderungsvorschlägen aus dem Rechtsausschuss ließ am Mittwoch auch die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland verlauten. "Die berufsrechtlichen Pflichten sind nach unserer Auffassung die zentrale Gesetzesstelle, die auf das unbestechliche Verhalten des einzelnen Arztes abzielt", so Dr. Rolf Kühne, von der Transparency-Arbeitsgruppe Gesundheit.

Dass, wie es in der Stellungnahme weiter heißt, die Strafbarkeit der Verletzung berufsrechtlicher Unabhängigkeitspflichten "ein wichtiger Bestandteil des Gesetzes sein muss", zeigten Anwendungsbeobachtungen, bei denen Ärzte Geheimhaltungsverträge über die erhobenen Daten hätten unterschreiben müssen.

Nach Recherchen von Transparency Deutschland seien davon auch Nebenwirkungsmeldungen erfasst gewesen. "Ein Antikorruptionsgesetz mit der geplanten Streichung (der berufsrechtlichen Unabhängigkeitspflichten - Die Red.) würde diesen höchst bedenklichen Verträgen künftig keinen Riegel vorschieben."

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