Finanzsituation der Sozialkassen

Bundesbank: GKV im Plus, Pflegekassen trotz Darlehen im Minus

Die Bundesbank sieht die Finanzentwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung für dieses Jahr positiv. Die Pflegekassen hingegen trudeln ungeachtet der Stützung durch Bundesmittel weiter ins Minus.

Veröffentlicht:
Eine Frau sitzt in einem Alten- und Pflegeheim in einem Rollstuhl auf einem Gang. Die Bundesbank prognostiziert für dieses Jahr ein Defizit in der Sozialen Pflegeversicherung.

Eine Frau sitzt in einem Alten- und Pflegeheim in einem Rollstuhl auf einem Gang. Die Bundesbank prognostiziert für dieses Jahr ein Defizit in der Sozialen Pflegeversicherung.

© Sebastian Gollnow/dpa

Berlin. Im laufenden Jahr könnte das Finanzergebnis für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) deutlich günstiger ausfallen und „ein spürbarer Überschuss entstehen“, berichtet die Bundesbank in ihrem am Montag veröffentlichen Monatsbericht.

Die Beitragseinnahmen wüchsen „deutlich stärker“ als im vergangenen Herbst vom Schätzerkreis erwartet. Zudem falle der tatsächliche durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um rund 0,1 Prozentpunkte höher aus als veranschlagt.

Nach Angaben der Bundesbank sind die Einnahmen der GKV vor allem wegen des erhöhten Bundeszuschusses im zweiten Quartal um zehn Prozent gestiegen, die Beitragseinnahmen legten um 4,5 Prozent zu. Für die GKV-Ausgaben wird ein Zuwachs von 6,5 Prozent angegeben. Nach den Prognosen des Schätzerkreises von Herbst 2021 war für das laufende Jahr ursprünglich ein Defizit von zwei Milliarden Euro zu erwarten.

„Hohe strukturelle Deckungslücke“

Der noch höhere Finanzierungsdruck im kommenden Jahr generiere eine „hohe strukturelle Deckungslücke“. Das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz setze aber nur auf „temporäre Maßnahmen“. Daher schiebe die Regierung den „grundlegenden Handlungsbedarf nur auf“. Ohne eine Reform, „die auch den Ausgabenzuwachs dämpft, sind ab 2024 weiter deutlich steigende Zusatzbeitragssätze angelegt“, schreibt die Bundesbank.

Prekärer stellt sich dagegen die Situation bei der sozialen Pflegeversicherung (SPV) dar. Sie schließt mutmaßlich das laufende Jahr mit einem Defizit ab, das mit 1,5 Milliarden Euro ähnlich so hoch ausfallen könnte wie im Vorjahr. Zwar fiel im zweiten Quartal ein operatives Plus von rund 500 Millionen Euro an, doch dabei handelt es sich um ein statistisches Artefakt.

Ursächlich dafür war zum einen der Bundeszuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro, der erstmals seit Anfang des Jahres in die Pflegeversicherung fließt. Zum anderen seien die pandemiebedingten Ausgaben niedriger als vor einem Jahr ausgefallen, schreibt die Bundesbank.

Lesen sie auch

Trotz Zuschuss angespannte Lage bei Pflegekassen

Zudem erhielt die Pflegeversicherung den Steuerzuschuss anders als geplant nicht in Raten, sondern bekam im zweiten Quartal bereits die vollständige Summe für 2022 überwiesen. Und dennoch fällt die Bilanz für das erste Halbjahr mit einem Minus von 1,95 Milliarden Euro tiefrot aus. Die Rücklagen schmolzen in diesem Zeitraum von rund 6,85 auf 4,9 Milliarden Euro.

Betrachtet man isoliert nur das zweite Quartal, so stand bei den Einnahmen ein Plus von 18,5 Prozent unter dem Strich. Ohne die zusätzlichen Bundesmittel und den um 0,1 Beitragspunkte erhöhten Beitragssatz für Kinderlose wären die Einnahmen allerdings nur um knapp vier Prozent gestiegen.

Lesen sie auch

2,5 Milliarden Euro für Eigenanteil-Bremse reichen nicht

Den Ausgabenzuwachs im zweiten Quartal gibt die Bundesbank mit 9,5 Prozent an. Zwar seien die pandemiebedingten Sonderzahlungen an Pflegeeinrichtungen um rund 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Dafür wuchsen die Ausgaben bei der stationären Pflege mit 25 Prozent außerordentlich stark. Diese Entwicklung war von der Politik vorgeprägt.

Seit Jahresbeginn beteiligt sich die Pflegeversicherung mit steigender Verweildauer der Pflegebedürftigen an den Pflegekosten. Hierfür waren vom Bund Mehrausgaben von 2,5 Milliarden Euro eingepreist worden. Die Zahlen aus dem ersten Halbjahr deuteten allerdings „auf spürbar höhere Lasten hin“, schreibt die Bundesbank.

Als Antidot erhält die Pflegeversicherung ab dem dritten Quartal ein Darlehen von einer Milliarde Euro, das bis Ende 2023 zurückgezahlt werden muss. Doch Finanzierungslücke, abgeschmolzene Rücklagen und die Tilgungen für das Darlehen dürften 2023 „einen deutlich höheren Beitragssatz erfordern“, prognostiziert die Bundesbank. (fst)

Lesen sie auch
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zur Pflegereform: Keine Placebos, bitte!

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Der Gesundheitsdialog

© Janssen-Cilag GmbH

J&J Open House

Der Gesundheitsdialog

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

© Springer Medizin

Johnson & Johnson Open House-Veranstaltung am 26. Juni 2025 beim Hauptstadtkongress

Impulse für den medizinischen Fortschritt: Welches Mindset braucht Deutschland?

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
J&J Open House beim Hauptstadtkongress

© [M] Springer Medizin Verlag

Video zur Veranstaltung

J&J Open House beim Hauptstadtkongress

Kooperation | In Kooperation mit: Johnson & Johnson Innovative Medicine (Janssen-Cilag GmbH)
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Mehr als ein oberflächlicher Eingriff: Die Krankenhausreform verändert auch an der Schnittstelle ambulant-stationär eine ganze Menge.

© Tobilander / stock.adobe.com

Folgen der Krankenhausreform für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Die Klinikreform bringt Bewegung an der Schnittstelle zwischen Praxen und Krankenhäusern

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztbank (apoBank)
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Manchmal kommt Künstliche Intelligenz ziemlich abstrakt daher. Doch es gibt zunehmend auch konkrete Anwendungen, sogar für Arztpraxen.

© 3dkombinat - stock.adobe.com

Praxisorganisation

Mit KI zu mehr Entlastung fürs Praxisteam

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Vermögensforscher im Interview

Welche Eigenschaften helfen, reich zu werden

Lesetipps
Ein Arzt untersucht das Knie eines Patienten.

© gilaxia / Getty Images / iStock

Kniegelenk

Neue Gonarthrose-Leitlinie setzt mehr auf Eigeninitiative

Collage von Bildern

© Frau: nenetus / stock.adobe.com | Rücken links: Dr. P. Marazzi / Science Photo Library | Arm: ZOKO / stock.adobe.com | Rücken rechts: Eva Valesky (2) | HG: Phokin / stock.adobe.com

Falsches Label?

Verdacht auf Betalaktam-Allergie: Was tun, wenn die Patientin ein Antibiotikum braucht?

Was ist bei Impfungen von Menschen mit Erdnussallergie zu beachten?

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Was ist bei Impfungen von Menschen mit Erdnussallergie zu beachten?