Abstimmung über Vertrauensfrage verloren

Bundeskanzler Scholz macht Weg zu Neuwahlen frei

Kanzler Olaf Scholz hat die Abstimmung zur Vertrauensfrage, wie beabsichtigt, verloren. Die Themen Gesundheit und Pflege kamen in seiner Bundestagsrede nur am Rand vor.

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Berlin. Die Mehrheit des Bundestages hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartungsgemäß am Montag nicht das Vertrauen ausgesprochen. Damit hat er den Weg zu Neuwahlen am 23. Februar 2025 frei gemacht.

Bei der Abstimmung über die Vertrauensfrage votierten 207 Abgeordnete für Scholz, 394 gegen ihn und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Der Kanzler verfehlte damit wie beabsichtigt die notwendige Mehrheit von mindestens 367 Stimmen deutlich.

Gesundheit und Pflege spielten in der Rede des Kanzlers am Montag im Bundestag keine große Rolle. In zwei Sätzen ging er auf diese Themen ein. Gute Gesundheit, Pflege und stabile Renten seien wichtig, sagte Scholz. Diese dürften aber nicht gegen die deutsche Hilfe für die Ukraine und eine Stärkung der Verteidigung aufgerechnet werden.

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Wie geht es nun weiter?

Scholz fährt gleich nach der Abstimmung ins Schloss Bellevue. Dort wird er Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorschlagen, den Bundestag aufzulösen. Der hat dann 21 Tage (bis zum 6. Januar) Zeit, sich zu entscheiden, ob er zustimmt und eine Neuwahl innerhalb von 60 Tagen ansetzt.

Da es im Bundestag eine große Einigkeit darüber gibt, dass die ursprünglich für den 28. September 2025 geplante Bundestagswahl vorgezogen werden soll, gilt die Zustimmung Steinmeiers als sicher. Er hat auch schon signalisiert, dass er mit dem angestrebten Termin 23. Februar einverstanden ist.

Ist Scholz noch voll handlungsfähig?

Der Kanzler und seine Regierung bleiben im Amt - und zwar im vollen Umfang und nicht nur geschäftsführend. Erst mit der Konstituierung des neuen Bundestags höchstens 30 Tage nach der Wahl endet laut Artikel 69 Grundgesetz das Amt des Bundeskanzlers und seiner Minister.

Wenn zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen über eine neue Regierungskoalition noch nicht abgeschlossen sind, kann der Bundespräsident die alte Regierung bitten, die Amtsgeschäfte bis zur Vereidigung der neuen weiterzuführen.

Ist der Bundestag nach der Auflösung noch handlungsfähig?

Ja. Er bleibt bis zum Zusammentritt des neuen Bundestags mit all seinen Rechten und Pflichten bestehen. Das Parlament kann jederzeit wieder zusammentreten, es kann weiter Gesetze beschließen, auch seine Gremien wie Untersuchungsausschüsse bestehen bis zum Ende der Wahlperiode fort. Dieses Ende ist mit dem ersten Zusammentreten des neu gewählten Bundestags erreicht.

Ist es realistisch, dass der Bundestag noch etwas zustande bringt?

Scholz wirbt für die Verabschiedung mehrerer Gesetzesvorhaben mit finanziellen Entlastungen noch vor Weihnachten. „Ein Schulterschluss der demokratischen Mitte in diesen wichtigen Fragen wäre ein starkes Zeichen“, sagte der SPD-Politiker nach Einreichung seines Antrags auf Vertrauensfrage. Er appelliere an die Opposition: „Lassen Sie uns gemeinsam handeln im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.“

Macht die Opposition da mit?

Das meiste wird blockiert, einzelne Vorhaben aber könnten noch klappen: Union und FDP wollen beide zustimmen, wenn es darum geht, das Verfassungsgericht widerstandsfähiger gegen Einflussnahme und Blockade durch Verfassungsfeinde zu machen. Einem Gesetz zum Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer und für mehr Kindergeld will zumindest die FDP zustimmen - es könnte dann aber im Bundesrat an den unionsgeführten Ländern scheitern.

Auch ein Gesetz zur unterirdischen Speicherung klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) könnte noch kommen – hier haben Union und FDP beide Zustimmung signalisiert. Bei gesundheitspolitischen Vorhaben sieht es dagegen mau aus: Hier wird Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kaum auf Hilfe der Opposition und auch nicht der FDP hoffen können.

Kommt noch was für Pflegekräfte?

Wohl auch zum Verdruss der rund 1,6 Millionen Pflegefachkräfte. Zahlreiche von deren Verbänden, organisiert im Deutschen Pflegerat (DPR), hatten am Wochenende appelliert, den von Lauterbach vorgelegten Entwurf für ein Pflegekompetenzgesetz (PKG) noch zu beschließen.

„Das Pflegekompetenzgesetz ist der Schlüssel, um die Ressourcen der Profession Pflege endlich gezielt einzusetzen. Es geht nicht um neue Ideen, sondern darum, die vorhandenen Fähigkeiten und die Expertise der Pflegekräfte systematisch und mit Handlungsautonomie in die Versorgung einzubinden“, so Ratspräsidentin Christine Vogler.

Oder für die Hausärztinnen und Hausärzte?

Keine Umsetzung mehr erfahren wird auch die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte. Dieses Vorhaben ist ein Kernbestandteil des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) – auch das Gesetz der gescheiterten Ampel-Koalition bleibt liegen. Ob es eine neue Regierung nach der Wahl am 23. Februar aufgreift, ist sehr ungewiss. Die finanziellen Spielräume sind angesichts knapper Kranken- und Pflegekassen mehr als gering. (bwa/juk/hom/dpa)

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