Gesundheitsdaten

DGIM: Datenschutz darf Gesundheitsforschung nicht länger ausbremsen

Nach Ansicht von Internisten leistet sich Deutschland beim Thema Gesundheit noch immer teils widersinnige Datenschutzauflagen. Dadurch gingen Forschung, Früherkennung und Therapie wichtige Informationen verloren.

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Messen per Smartwatch: Immer mehr Bürger zeichnen eigenständig ein Bild ihrer Gesundheit – für Internisten liegt darin ein riesiger Datenschatz.

Messen per Smartwatch: Immer mehr Bürger zeichnen eigenständig ein Bild ihrer Gesundheit – für Internisten liegt darin ein riesiger Datenschatz.

© ra2 studio / stock.adobe.com

Berlin. Gesundheitsdaten sammeln via Smartphone oder Fitnessarmband? Für immer mehr Bundesbürger ist das Teil ihres Alltags.

Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Marktforschungsunternehmens „EPatient Analytics“ überwachen mittlerweile etwa 40 Prozent der Menschen in Deutschland ihre Gesundheit digital. Danach befragt, ob sie die Daten der Forschung bereitstellen würden, stimmen vier von fünf Teilnehmern der Übertragung an eine nationale Forschungsdatenbank zu.

„Das würde keine einzige medizinische Studie schaffen“

Internisten haben nun dazu aufgerufen, diesen potenziellen Datenschatz zu heben. Millionen Bundesbürger zeichneten heute „eigenständig ein Bild von ihrer Gesundheit unter Real-Life-Bedingungen“, kommentierte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), Professor Ulf Müller-Ladner, am Dienstag die Umfrageergebnisse.

Die Daten seien mit Blick auf Forschung, Früherkennung und die patientenorientierte Überwachung zahlreicher Erkrankungen „Gold wert“. Menschen würden ihre Gesundheit heute so umfangreich und massenhaft tracken „wie es keine medizinische Studie schaffen würde“, betonte DGIM-Vize Professor Markus M. Lerch.

Allerdings führe der Datenschutz in der restriktiven deutschen Auslegung dazu, dass die Daten zwar bei den Herstellern von Smartwatches und anderer Wearables in den USA oder Asien landeten, nicht aber zu einer besseren medizinischen Versorgung hierzulande beitrügen, kritisierte Lerch.

Vorgaben zu Datensparsamkeit und Löschfristen fehl am Platz

Um eine Forschung im Patientensinne zu ermöglichen, seien Datenschutzbestimmungen daher anzupassen und eine Nutzung der Informationen zu Forschungszwecken zu vereinfachen, forderte Lerch.

Daten, die im Zuge steuerfinanzierter Studien gesammelt würden, müssten nach gewissen Fristen wieder gelöscht werden, nannte Lerch ein Beispiel für Vorgaben, die die Gesundheitsforschung in Deutschland stark ausgebremsten. „Das ist pure Verschwendung“.

DGIM-Chef Müller-Ladner rief Datenschützer und Forschende in diesem Zusammenhang dazu auf, zeitnah praktikable Lösungen für den Umgang mit Gesundheitsdaten zu finden. „Jeder evidenzbasierte Wissenszuwachs hilft heilen“, zeigte sich der Internist überzeugt. (hom)

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Kommentare
Dr. Manfred Stapff 02.08.202219:33 Uhr

Ein Teil des Problems ist die Vermischung von "Datenschutz" gegen individualisierte marketing-orientierte Ziele versus Gesundheitsforschung anhand von akkumulierten Daten.
Für Google, Apple, Microsoft etc. ist die Sammlung individualisierter Daten, also die mögliche Rückverfolgung bis zum einzelnen Individuum ,Teil des Geschäftsmodells (z.B. für individualisierte Werbung), und das löst verständlicherweise Widerstand aus (obwohl wir dem bei der Installation, meist unbewusst durch 'Klick' zustimmen).
Gesundheitsforschung kommt dagegen mit aggregierten und anonymisierten Daten aus, da es sich meist um epidemiologische Fragestellungen handelt. Eine Rückverfolgung zum Patienten ist ausgeschlossen.
Real World Daten, von 'wearables' oder anderen Trackern oder von elektronischen Krankenakten, können von enormen Wert für die Forschung sein und viele (für Patienten möglicherweise belastende und für das Gesundheitswesen teure) Studien ersetzen.

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