Interview

"Das Neue an dem Portal ist, dass es wirklich die Perspektive des Patienten einnimmt"

Der Fragebogen zur Arztsuche von AOK und dem Projekt Weisse Liste wurde vom Berliner IGES-Institut entwickelt. Wir sprachen mit dem Institutsleiter Professor Dr. med. Bertram Häussler über den Unterschied zu anderen Arzt-Bewertungsportalen.

Veröffentlicht:

,, Unsachliche Kritik an Ärzten ist auf diesem Portal nicht möglich. Professor Bertram Häussler Leiter IGES-Institut GmbH, Berlin

Ärzte Zeitung: Herr Professor Häussler, Arzt-Bewertungsportale gibt es derzeit schon viele im Netz. Was unterscheidet den Arztnavigator von AOK und dem Projekt Weisse Liste von solchen Portalen?

Professor Bertram Häussler: Das Neue an dem Arzt-Suchportal ist, dass es wirklich die Perspektive von arztsuchenden Patienten einnimmt, methodisch fundiert und sachlich ist. So nutzen viele andere Portale Bewertungskriterien, die das Informationsbedürfnis der Patienten nur unzureichend abdecken. Wir haben deswegen gemeinsam mit Patienten einen Fragebogen entwickelt und evaluiert, der das wirkliche Erleben einer Arzt-Patienten-Beziehung widerspiegelt.

Ärzte Zeitung: Wie wurden die Befragungskriterien für das Portal entwickelt?

Häussler: Leitlinie bei der Entwicklung war wie bereits erwähnt die Patientenperspektive. Deswegen haben wir in einem mehrstufigen Prozess zunächst ergründet, welche Informationen die Menschen bei ihrer Suche wirklich wollen. Wir haben dafür zahlreiche Interviews mit Versicherten geführt. Die Ergebnisse wurden anschließend mit Experten etwa aus der Sozialforschung und natürlich Patientenvertretung analysiert und zu einem vorläufigen Fragenkatalog verdichtet. In erneuten Gesprächen mit Patienten haben wir überprüft, ob alles wirklich verständlich und vor allem alltagsnah ist.

Zu guter Letzt erfolgte ein großer Praxistest mit 1500 Patienten, auf dessen Basis die wichtigsten Fragen herausgefiltert wurden, die nun in das Portal eingeflossen sind.

Ärzte Zeitung: Nach welchen Kriterien sollen die AOK-Versicherten ihre Ärzte denn beurteilen?

Häussler: Die Bewertungskriterien bewegen sich in den übergeordneten Bereichen Praxis und Personal, Kommunikation mit dem Arzt sowie Behandlung. Darunter fallen beispielsweise Beurteilungen der Freundlichkeit des Personals, die räumliche Atmosphäre, der gesamten Praxisorganisation und der Wartezeiten. Mit Blick auf die Arztkommunikation können Patienten äußern, wie zugewandt und verständlich sie Gespräche empfanden. Im Bereich Behandlung sollen sie unter anderem bewerten, wie sie den gesamten Behandlungsprozess oder den Umgang mit Einweisungen ins Krankenhaus und Überweisungen erlebt haben.

Ärzte Zeitung: Wie kann verhindert werden, dass am Ende ein digitaler Arzt-Pranger entsteht?

Häussler: Das sichern sowohl technische als auch konzeptionelle Vorgaben. Zielgerichtete Diffamierungen werden unter anderem verhindert, indem Patienten einen Arzt nicht mehrfach beurteilen können. Außerdem sind Mindestmengen an eingegangenen Beurteilungen vorgesehen, bevor die Erfahrungsberichte zu einem Arzt veröffentlicht werden.

Basis sind zudem die mit Patienten und Experten entwickelten Fragen und nicht Freitextfelder, die häufig zu unsachlicher Kritik einladen. Außerdem werden Versicherte über ihre Krankenkasse eingeladen, sich an der Patientenbefragung zu beteiligen.

Die Erfahrungen zeigen, dass dies Affekt- oder sehr extreme Bewertungen nicht nur in negativer, sondern auch überdeutlich positiver Hinsicht verringert.

Das Interview führte Thomas Hommel.

Lesen Sie dazu auch: AOK-Gesundheitsnavigator: Zeugnisvergabe an Haus- und Fachärzte "Das Neue an dem Portal ist, dass es wirklich die Perspektive des Patienten einnimmt" Die Fragen zu Praxis und Personal Die Fragen zur Arztkommunikation Die Fragen zur Behandlung Die Fragen zum Gesamteindruck

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