Politiker aufgeschreckt

Datenkrake Google bald auch bei Apps auf Rezept?

Google greift millionenfach Patientendaten in den USA ab. Bundestagsabgeordnete warnen vor einer Kommerzialisierung von Daten.

Von Florian Staeck Veröffentlicht: | aktualisiert:
Google weiß durch eine Kooperation mit einem Gesundheitsdienstleister viel über Patienten in den USA.

Google weiß durch eine Kooperation mit einem Gesundheitsdienstleister viel über Patienten in den USA.

© Maja Hitij / dpa / picture alliance

Berlin. Das Abgreifen von Millionen Patientendaten in den USA durch Google hat bei Gesundheitspolitikern im Bundestag Besorgnis ausgelöst – und die Forderung nach Konsequenzen.

Ohne dass die betroffenen Patienten davon wussten, hat Google offenbar in 21 US-Bundesstaaten personenbezogene Gesundheitsdaten gesammelt – darunter Diagnosen, Krankenhausakten und Laborwerte, so zuerst das „Wall Street Journal“.

Google selbst erklärte, es sei Routine, dass Gesundheitsanbieter ihre Daten mit Tech-Konzernen teilten, um den eigenen Service zu verbessern. Der in St. Louis ansässige katholische Non-Profit-Gesundheitsdienstleister Ascension erklärte, zur Kooperation mit Google gehöre es, Anwendungen künstlicher Intelligenz zu entwickeln, durch die Qualität und Patientensicherheit in Krankenhäusern verbessert werden könnten.

Rüddel: „Bin nicht überrascht“

Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, zeigt sich auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“ von dem Vorgang nicht überrascht, da Patientendaten von hohem Interesse für Unternehmen seien.

„Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir schnell eine sichere Gesundheitsinfrastruktur auf den Weg bringen, um die Patienten entsprechend besser schützen zu können“, so Rüddel.

Besonders wichtig sei es daher, GKV-Versicherten sichere Gesundheits-Apps zur Verfügung zu stellen, um so einer „Kommerzialisierung von Gesundheitsdaten entgegenzutreten“, erklärte Rüddel.

In Deutschland gibt es eine sehr strenge Gesetzgebung in diesem Bereich. Dabei ist es jedoch wichtig, eine Balance zwischen Datenschutz und technischer Innovation zu finden, von der Patienten profitieren.

Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag

Für die Grünen erklärte Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, es müsse alles dafür getan werden, damit der Weg kassenfinanzierter Gesundheits-Apps „nicht geradewegs zu Google führt“. Sie schlägt dafür einen „Apple- und Google-freien App-Kiosk“ vor, aus dem sich Versicherte Gesundheits-Apps herunterladen können.

Sie warb dafür, Entwicklern kassenfinanzierter Gesundheitsanwendungen Hilfestellung zu geben, „um die Einbindung von Google- und anderen Analysediensten schon bei der Entwicklung zu verhindern“.

In der Rechtsverordnung, mit der Datenschutzfragen geregelt werden sollen, die im Digitale-Versorgung-Gesetz offengeblieben sind, sollte das Bundesgesundheitsministerium dafür sorgen, dass fragwürdige Apps erst gar nicht von den Kassen finanziert werden. Das schaffe Anreize, für Start-ups, „datenschutzfreundliche Apps zu entwickeln“, sagte Klein-Schmeink der „Ärzte Zeitung“.

„In Deutschland bedingt denkbar“

Für die FDP forderte Christine Aschenberg-Dugnus, dass Konzerne Zugriff auf Patientendaten erhalten, „muss gesetzlich verhindert werden. So etwas wie in Amerika, darf es in Deutschland nicht geben“, sagte sie der „Ärzte Zeitung“.

Sie bezeichnete es als unverzichtbar, dass Nutzer ihr Einverständnis zur Datenweitergabe geben und „immer darüber informiert werden, was mit ihren Daten passiert und wofür sie verwendet werden“.

Ein Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Ulrich Kelber, nannte Kooperationen wie die zwischen Google und Ascension aufgrund „eher restriktiven Regelungen zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Deutschland nur bedingt denkbar“.

Cloud-Dienste oder andere IT-basierte Datenverarbeitung könnten „grundsätzlich nur mit Einwilligung der Betroffenen oder nach vorheriger Zertifizierung der Dienste durch staatliche Stellen erfolgen“, so BfDI-Sprecher Dirk Hensel. (Mitarbeit: ger)

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