"Der freie Markt bestimmt den Preis der Praxis"

Bei Praxisübergaben auf dem Land erleben Praxisinhaber oft Enttäuschungen. Der ermittelte Verkehrswert lässt sich schwer erzielen - da kann auch die KV nicht helfen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Schlüsselübergabe: Auf dem Land sitzen die potenziellen Nachfolger oft am längeren Hebel.

Schlüsselübergabe: Auf dem Land sitzen die potenziellen Nachfolger oft am längeren Hebel.

© BSIP / Your_Photo_Today

BAD SEGEBERG. Fast drei Jahrzehnte hatte der Landarzt im Norden eine große Versorgerpraxis geführt. Bei den Verhandlungen mit einem potenziellen Nachfolger erlebte er dann eine große Enttäuschung:

Die von ihm für die Alterssicherung eingeplante Summe war mit der Immobilie und dem ideellen Praxiswert nicht zu erzielen.

Der interessierte Arzt spielte auf Zeit, der abgebende Arzt wandte sich aufgebracht an die KV Schleswig-Holstein, die nach seiner Ansicht die Vorzüge seiner Landarztpraxis bei der Beratung des interessierten Kollegen nicht ausreichend in den Vordergrund gestellt hatte.

Er mutmaßte, dass sogar ein Hinweis auf fehlende weitere Interessenten zu einem geringeren Angebot des jüngeren Arztes geführt hatte.

KV ist zu Neutralität verpflichtet

"Dieser Vorwurf ist absurd, die KV ist in den Beratungen zur strikten Neutralität verpflichtet - daran halten wir uns", stellt KV-Sprecher Marco Dethlefsen auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" fest.

Klar ist auch: Die KV hat aus Sicherstellungsgründen ein Interesse an einer Einigung zwischen abgebendem und interessierten Arzt. Schönt sie den Preis, damit der abgebende Arzt die erhoffte Summe erhält, springt womöglich der Interessent ab.

Drückt sie den Preis - etwa durch Hinweise auf fehlende Konkurrenz - verärgert sie ihr Mitglied, und dieser gibt eventuell seine Zulassung zurück. Beides darf also nicht eintreten.

"Nicht die KV, sondern der freie Markt bestimmt den Preis", erläutert Dethlefsen.

KV kann ideellen Praxiswert ermitteln

Was die KV leisten kann, ist die Ermittlung des ideellen Praxiswertes nach der Ertragswertmethode von Bundesärztekammer und KBV. Das heißt aber nicht, dass dem Praxisinhaber diese Summe auch zusteht, sie gilt nur als Orientierungshilfe für den abgebenden Arzt.

Und die wird zumindest in Schleswig-Holstein bei Einigungen mit einem übernehmenden Arzt immer seltener erreicht. "Die Bereitschaft, den ermittelten Verkehrswert zu zahlen, sinkt", sagt Marion Grosse.

Die betriebswirtschaftliche Beraterin der KV Schleswig-Holstein hat in den beiden vergangenen Jahren in rund 100 Praxen den Praxiswert ermittelt, strikt nach den Vorgaben.

In den Wert fließt unter anderem der Patientenstamm ein - große Versorgerpraxen werden also höher bewertet. Ob es dann zum Abschluss kommt, kann die KV nicht beeinflussen: "Das ist allein Sache zwischen Verkäufer und Interessent."

Hilfestellung leistet die KV dagegen bei der Anbahnung: Durch eine Praxisbörse auf der Homepage können beide Seiten zueinanderfinden - preisunabhängig.

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