Der ganz normale Zusatzbeitrag kommt

Nichts haben Kassen und Politik so gescheut wie den Zusatzbeitrag. Jetzt, da erste große Kassen Gebrauch davon machen, halten ihn viele für gar nicht mehr so schlimm.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Fünf vor Zwölf für einige Kassen: Sie müssen Zusatzbeiträge erheben, um ihre Bilanzen im Lot zu halten. © imago

Fünf vor Zwölf für einige Kassen: Sie müssen Zusatzbeiträge erheben, um ihre Bilanzen im Lot zu halten. © imago

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BERLIN. So viele Medienvertreter auf einmal beim Thema Gesundheit hat die Bundespressekonferenz - der Ort für Neuigkeiten in der Hauptstadt - nur selten gesehen. Und das, obwohl die Nachricht, um die es an diesem Montagvormittag geht, schon seit Tagen feststeht: Millionen gesetzlich Krankenversicherte müssen in den kommenden Wochen und Monaten höhere Ausgaben für ihre Krankenversicherung einplanen (wir berichteten). Grund sind jene Zusatzbeiträge, die von den Versicherten alleine zu schultern sind und von denen nun eine ganze Reihe von Krankenkassen Gebrauch machen wird.

Zu ihnen gehören auch Schwergewichte wie die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) mit rund 4,6 Millionen Mitgliedern oder die Deutsche BKK mit etwa 750 000 Versicherten. Acht Euro monatlich je Versicherten werden in beiden Fällen in Kürze wohl fällig. Die DAK plane den Extra-Obolus schon ab Februar, so DAK-Chef Herbert Rebscher.

Grund zur Panik? Davon ist nichts zu spüren. Im Gegenteil: "Wir alle müssen das Thema Zusatzbeitrag ein Stück enttabuisieren", sagt Rebscher. Für einen Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen sind das ungewohnte Worte. Die hatten nämlich Zusatzbeiträge bislang gescheut wie der Teufel das Weihwasser, weil sie befürchteten, schon bei Ankündigung dieses Schritts viele Mitglieder zu verlieren.

Jetzt klingt das alles ganz anders, ganz selbstverständlich. "Hätten wir heute angekündigt, dass wir unseren Beitragssatz um 0,2 Prozent anheben müssen, dann hätten hier vier oder fünf Journalisten im Raum gesessen", sagt Rebscher.

Auch Jens Spahn, Gesundheitsexperte der Union, versteht die helle Aufregung um die Zusatzbeiträge nicht. "Beitragsanhebungen waren früher ganz normal - Zusatzbeiträge sind nichts anderes als Beitragsanhebungen." Keine Gesundheitsreform der Welt könne Kostensteigerungen im Gesundheitswesen auf Dauer vermeiden. "Wir können Kosten höchstens dämpfen - etwa bei den Arzneimitteln. Mittel- und langfristig wird Gesundheit aber teurer werden."

Mit den im Gesundheitsfonds angelegten Zusatzbeiträgen habe schon die große Koalition versucht, die Gesundheits- von den Lohnkosten abzukoppeln. Die neue Regierung aus Union und FDP verfolge dieses Ziel nun weiter. Der Fonds bilde dabei die "Basis" für den Einstieg in die einkommensunabhängige Finanzierung der GKV. Dies werde aber schrittweise geschehen, betont Spahn.

Am Ende mag sich mancher Journalist im Raum fragen, warum er eigentlich hier ist: Haben nicht alle von Anfang an gesagt, Zusatzbeiträge seien unvermeidbar und garnicht so schlimm, wie immer behauptet?

Lesen Sie dazu auch: Zusatzbeiträge bereits ab Februar Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Acht Euro werden nur ein Anfang sein

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