Versorgungssituation

Diabetes-Register zeigt Unwucht zwischen den Regionen

Erste Erkenntnisse aus zwei Diabetes-Registern lassen erkennen, dass in Deutschland erhebliche Versorgungsunterschiede existieren. Solche Verhältnisse widersprechen den Zielen der Weltgesundheitsorganisation.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Die Versorgung von Patienten mit Typ-2-Diabetes in Deutschland ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Dies betrifft insbesondere auch den Einsatz innovativer oraler Antidiabetika. Erkenntnisse dazu liefert der Beitrag "Diabetes-Register und Diabetes-Surveillance als Bausteine einer Nationalen Diabetes-Strategie" von Jochen Seufert und Barbara Bohn im "Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2018".

Die Analyse stützt sich auf zwei bereits existierende deutschlandweite Diabetes-Register: die Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV) und die Diabetes-Versorgungs-Evaluation (DIVE). Zusammen sind in den Registern Daten von mehr als 500.000 Patienten erfasst, davon etwa 80 000 Patienten mit Typ-1-Diabetes.

Die Erfassung der Versorgungsrealität ist deshalb von Bedeutung, um abzuschätzen, ob das 2010 von der WHO aufgestellte Ziel einer möglichst einheitlichen regionalen Versorgung auf hohem Niveau erreicht wird. Ferner sollen diabetesbezogene Gesundheitsoutcomes für Erwachsene ermittelt werden.

Die Registerdaten für die Behandlungsjahre 2015 bis 2017 offenbaren erhebliche Versorgungsunterschiede:

  • Der Anteil der Patienten mit Typ-2-Diabetes, die eine Insulintherapie mit und ohne zusätzliche Verwendung von oralen Antidiabetika erhalten, variiert je nach Bundesland zwischen 22 und 81 Prozent. Am unteren Ende liegen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, am oberen Ende Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin.
  • Beträchtliche regionale Unterschiede gibt es auch beim Einsatz neuer oraler Antidiabetika oder GLP-1-Analoga: Er ist mit 13,8 bis 25 Prozent am niedrigsten in den westlichen Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland – am höchsten mit 34,5 bis 46,6 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg.

Alle neueren Antidiabetika haben die frühe Nutzenbewertung durchlaufen, und für zumindest einen Teil von ihnen hat der Bundesausschuss einen bei bestimmten Indikationen sogar beträchtlichen Zusatznutzen als belegt angesehen. Aus der Perspektive des Bundesausschusses ist es ein Ärgernis, dass zentrale Nutzenbewertungsergebnisse durch regionale Arzneimittelvereinbarungen, etwa in Form von Innovationsquoten, konterkariert werden.


Jochen Seufert und Barabara Bohn im „Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2018

Ferner geben die Register Aufschluss über kardiovaskuläre Risikofaktoren, wie die regionale Verteilung von Adipositas. Mit 57 bis über 62 Prozent sind davon besonders Diabetiker in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen betroffen.

Erstmals ist es mit den Registern DPV und DIVE auch möglich gewesen, die Versorgung der wachsenden Zahl hochbetagter Diabetiker über 80 Jahre zu analysieren. Von dieser Altersgruppe sind rund 70.000 Patienten in den Registern erfasst. Danach zeigt sich, dass der Anteil jener hochbetagten Patienten, die eine intensivierte Insulintherapie erhalten, insbesondere in den Jahren zwischen 2000 und 2010 von 18 auf 27 Prozent gestiegen ist, während der Anteil der bis 79-jährigen Patienten mit ICT seit 2010 tendenziell rückläufig ist und im Jahr 2016 bei gut 40 Prozent liegt.

Ein wichtiger Aspekt in der diabetologischen Versorgung ist die Prävention von kardiovaskulären Risikofaktoren. Ermittelt wurde dazu der Verlauf von LDL- und Blutdruckwerten seit dem Jahr 2000:

So konnte der Anteil der Diabetiker mit einem LDL-Wert von über 130mg/dl von 47 Prozent im Jahr 2000 auf etwa 30 Prozent im Jahr 2006 reduziert werden; seitdem ist der Anteil ziemlich konstant.

Der Anteil der Patienten mit einem Blutdruck von über 140/90 mmHg stieg zunächst seit 2000 von zehn auf knapp 30 Prozent im Jahr 2004, konnte dann aber auf bis gut 20 Prozent reduziert werden und hat sich in den letzten Jahren bei unter 25 Prozent stabilisiert.

Die Hoffnungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft sind jedoch darauf gerichtet, dass mit dem Aufbau einer Diabetes-Surveillance in den nächsten Jahren in Deutschland eine neue Qualität der Gesundheitsberichterstattung entsteht. Daran ist die Fachgesellschaft aktiv beteiligt. Dazu hat die DDG eine Kommission Versorgungsforschung gegründet. Zumindest für die Zukunft bestehe Hoffnung, daraus eine rational begründete Diabetes-Strategie zu entwickeln.

DPV und DIVE

In die Diabetes-Verlaufsdokumentation (DPV) und die Diabetes-Versorgungs-Evaluation sind mehr als 500.000 Patienten eingeschlossen.

Die beiden Register liefern Erkenntnisse über regionale Unterschiede auch in der Versorgung von Diabetikern, darunter auch über 80-Jährige. Auch der Einsatz innovativer Arzneien sowie kardiovaskuläre Risikofaktoren werden erfasst.

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