Klinikfinanzen

Diskussionen auf den Marktplätzen im Norden

An sieben Orten haben Kliniken in Schleswig-Holstein Bürger auf ihre Finanzlage aufmerksam gemacht. Viele Passanten reagierten erstaunt.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Informationen in der Einkaufspassage: In Schleswig-Holstein informierten Krankenhausmitarbeiter Passanten über die Finanzsituation der Kliniken im Land. Das Interesse der Bürger ist groß.

Informationen in der Einkaufspassage: In Schleswig-Holstein informierten Krankenhausmitarbeiter Passanten über die Finanzsituation der Kliniken im Land. Das Interesse der Bürger ist groß.

© Schnack

KIEL/NEUMÜNSTER. Schon seit Stunden stehen Jörg Klaenhammer und seine Kollegen vom Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK) Neumünster vor dem weißen Zelt.

Sie buhlen um die Aufmerksamkeit der Passanten, die an diesem Samstagvormittag in der Innenstadt ihre Wochenendeinkäufe erledigen.

Die Klinikmitarbeiter stehen in Konkurrenz zu den Parteien, die einen Tag vor den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein die Menschen mit Blumen ansprechen und mit den Gemüseständen des Wochenmarktes, die ihre Waren mit großen Planen vor dem strömenden Regen schützen.

Hat an einem solchen Tag jemand Lust, über Krankenhausfinanzierung zu diskutieren? "Es bleiben viele stehen und kommen auch herein, um unsere Forderungen mit ihrer Unterschrift zu unterstützen", sagt der Betriebsrat des FEK.

Mit der Resonanz der Bevölkerung ist er zufrieden. Tatsächlich bewegt viele Menschen das Thema.

"Meine Mutter ist gerade im Krankenhaus. Dort ist kaum Personal vorhanden und sie wird demnächst entlassen, obwohl es eigentlich viel zu früh ist. Das verstehe ich nicht, sie hat schließlich ihr ganzes Leben lang Beiträge gezahlt", erzählt eine Frau.

Sie und ihr Mann sind überzeugt, dass die Aktion des FEK berechtigt ist und tragen sich in die Unterschriftenliste ein.

"Können Sie helfen? Wir sind zu wenig"

Neumünster ist nur einer von sieben Standorten in ganz Schleswig-Holstein, an dem an diesem Tag Kliniken auf die Krankenhausfinanzierung aufmerksam machen. Unter dem Motto "Sind wir zu wenig, kommen Sie zu kurz" hat eine Allianz zahlreicher Organisationen und Verbände zum Aktionstag aufgerufen.

An jedem Standort ist eigene Kreativität gefragt. Ein als Arzt gekleideter Mann auf Stelzen macht vor dem Neumünsteraner Zelt auf die Aktion aufmerksam.

In Heide ist es ein nicht erledigter Wäscheberg auf dem Wochenmarkt, in Kiel müssen Passanten ihre Blutdruckwerte selbst messen. "Können Sie helfen? Wir sind zu wenig", steht dort auf einer Stellwand in einer Einkaufspassage.

Daneben diskutiert der Verwaltungschef des Städtischen Krankenhauses, Roland Ventzke, mit seinem Betriebsratsvorsitzenden Axel Bethge und Staatssekretärin Anette Langner. Sie unterstützt die Aktion und hofft, dass sie auch in Berlin wahrgenommen wird.

Denn dort sitzen nach ihrer und nach Überzeugung der meisten Klinikmitarbeiter die Verantwortlichen für die Unterfinanzierung.

Viele erstaunte Passanten

Immer wieder erstaunen sie die Passanten, wenn sie erzählen, dass Schleswig-Holsteins Kliniken weniger Geld für die gleichen Behandlungen bekommen als Krankenhäuser in anderen Bundesländern.

"Warum lassen sich unsere Politiker das gefallen?", fragen sie etwa Pflegedirektorin Sabine Schmidt, die gerade zwei Frauen erklärt, wie sie ihre Blutzuckerwerte selbst messen können. "Wir haben die schlechteste Lobby und die meiste Arbeit", vermutet Schmidt.

Die Lösung aus Sicht der meisten Menschen wäre, den Kliniken zusätzliche Mittel zu gewähren. Die Krankenkassen dagegen halten den pauschalen Ruf nach mehr Geld für zu einfach und werfen dem Land vor, sich aus der Investitionskostenfinanzierung immer mehr zurück zu ziehen.

Das aber im strömenden Regen Wochenendeinkäufern zu erklären, ist zu kompliziert.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kaum Kraft für Aktionstag

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