Substitution bei Biologicals

Dokumentation ist A und O

Biosimilars bieten große Chancen für die Versorgung: Darüber herrschte bei einer Diskussion der DGHO Einigkeit. Im Fokus stand die Vergleichbarkeit mit dem Originalpräparat.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

Berlin. Gutes Timing: Wenige Tage nach Zulassung des ersten Rituximab-Biosimilars diskutierte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) bei ihrer Frühjahrstagung über Biosimilars. Dabei gab es viel Zustimmung, aber auch kritische Fragen.

Generell böten Biosimilars die Chance, dass aufgrund des günstigeren Preises mehr Patienten als bisher von biologischen Therapien profitierten, betonte der Pharmazeut Professor Theodor Dingermann von der Universität Frankfurt: "Es geht aus meiner Sicht nicht nur darum, die Gesamtkosten zu senken. Es geht um eine bessere Versorgung und um bessere finanzielle Spielräume für innovative Medikamente von heute."

Die Risiken der Biosimilars hält der Experte für sehr überschaubar. So sei durch ein rigoroses Zulassungsverfahren gewährleistet, dass sich Biosimilar und Originalpräparat in einer langen Liste pharmakologischer und klinischer Parameter praktisch nicht unterschieden. Die vorgenommenen Analysen glichen denen, die auch der Originalhersteller durchlaufen müsse, wenn er den Herstellungsprozess eines Biologikums ändere.

Auch die von manchen Ärzten kritisierte Extrapolation der klinischen Daten im Rahmen der Biosimilar-Zulassung sieht Dingermann nicht kritisch. Bei der Biosimilar-Zulassung muss der Hersteller in einer Referenzindikation eine Phase-III-Studie durchführen. Decken sich die Ergebnisse dieser Studie mit jenen der Studien für das Originalpräparat, so wird die Zulassung des Biosimilars auch auf alle anderen zugelassenen Indikationen des Originals extrapoliert.

Das sei deswegen zulässig, weil es bei der Zulassung eines Biosimilars eben nicht um Effektivität und Sicherheit gehe, sondern um die Vergleichbarkeit zwischen Biosimilar und Original: "Seit der ersten Zulassung eines Biosimilars im Jahr 2006 gab es keinen Fall, wo bei einem Präparat neue Nebenwirkungen dazugekommen wären, die nicht vom Original bekannt waren", so Dingermann.

Professor Gerd Burmester von der Rheumatologie der Charité Berlin betonte, dass es aus klinischer und forensischer Sicht wünschenswert gewesen wäre, wenn Biosimilar und Originalpräparat sich nicht nur im Handelsnamen, sondern auch im Substanznamen (INN) unterschieden hätten. Dafür seien EMA und PEI aber nicht empfänglich gewesen: "Wir behelfen uns für unsere Register deswegen damit, dass wir den Handelsnamen dokumentieren."

Dies sei auch in der Onkologie unverzichtbar, betonte für die DGHO Professor Matthias Freund: "Es muss nachvollziehbar bleiben, welches Präparat genau gegeben wurde, das halte ich für eine ganz wichtige Forderung", so der Hämatologe. Er wies auch darauf hin, dass Apotheker nach der Apothekenbetriebsordnung ihre Unterlagen nur fünf Jahre aufheben müssten. Es komme deswegen umso mehr auf eine exakte Dokumentation durch den anwendenden Arzt an.

Kritisch sahen die in Berlin anwesenden Experten auch unkontrollierte Produktwechsel, bei denen quasi je nach Vertragslage zwischen Originalen und biosimilaren Präparaten hin und her gewechselt werde. Burmester zitierte in diesem Zusammenhang die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, wonach unkontrollierte Produktwechsel zu vermeiden seien, solange keine Langzeitdaten für die biosimilaren Produkte vorlägen. Eine kontrollierte Umstellung von einem auf ein anderes Präparat sei aber durchaus möglich. Besonders geeignet dafür seien motivierte, therapieadhärente Patienten mit stabilem Ansprechen.

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