"Es gibt zu viele Regelungen, die Ärzten das Leben schwer machen"

MÜNCHEN (sto). Das deutsche Gesundheitswesen könnte nach Ansicht von Professor Norbert Walter, dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank, ein attraktiver Markt etwa im Bereich der Medizin für eine alternde Bevölkerung sein.

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Damit sich ein solcher Markt entwickeln kann, seien im deutschen Gesundheitswesen jedoch mehr Information, mehr Transparenz und mehr Wettbewerb notwendig, erklärte Walter beim 1. Münchner Gesundheitsdialog, zu dem die Deutsche Bank eingeladen hatte.

Gesundheitspolitische Regulierungen, "die den Ärzten das Leben weiterhin schwermachen", so Walter, seien jedoch immer noch ein Problem. In zehn bis 15 Jahren werde das Gesundheitswesen mehr privatwirtschaftlich organisiert sein, prognostizierte Walter. Um sich in einem solchen Umfeld bestmöglich zu positionieren, sollten sich die niedergelassenen Ärzte durch Arbeitsteilung und Spezialisierung auf die Optimierung der Medizin konzentrieren und alles andere den Fachleuten überlassen, empfahl Walter.

Ein Modell der Zukunft könnte dabei das Polikum in Berlin sein, erklärte Dr.-Ing. Felix Cornelius von der Geschäftsleitung des größten deutschen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Derzeit sei allerdings noch kein Trend in Richtung MVZ nach dem Vorbild von Polikum zu erkennen, räumte Cornelius ein.

Gleichwohl wolle die Berliner Einrichtung ihr Versorgungsmodell "in die Fläche bringen", kündigte er an. Ziel sei dabei nicht Vereinheitlichung, sondern Vielfalt. Die bisherige Erfahrung in Berlin habe nämlich gezeigt, dass die Wünsche und Bedürfnisse der Patienten bei der Wahl eines Arztes nach wie vor entscheidend sind.

Versorgungszentren seien längst nicht die einzige organisatorische Form, um die medizinische Versorgung auch in Zukunft sicher stellen zu können, erklärte der Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern, Dr. Helmut Platzer. Auch Praxisnetze, als eine "geschickte Zusammenfassung von Einzelpraxen", hätten ihre Berechtigung und auch eine Zukunft, erklärte Platzer.

Als Vertreter einer großen Krankenkasse sei ihm nicht nur im vertraglichen Bereich Vielfalt wichtig, betonte Platzer. Diese Vielfalt habe in der Vergangenheit dazu beigetragen, dass in Bayern etwa 40 Prozent der ambulanten Leistungen nicht im kollektivvertraglichen Bereich, sondern über Strukturverträge geregelt seien. "Diesen Spielraum wollen wir uns erhalten", sagte Platzer. Die Frage nach Einzelpraxen oder MVZ sei dabei absolut nachrangig.

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