Kostenerstattung

Frankreich will zurück zur Sachleistung

Die französische Sozialministerin hat angekündigt, wieder das Sachleistungsprinzip in der ambulanten Versorgung zu etablieren - erstmals seit 1946. Offenbar hat man zwischen Seine und Garonne nicht so gute Erfahrungen mit der Arztrechnung gemacht.

Veröffentlicht:

PARIS. Frankreichs Sozialministerin Marisol Touraine will das Kostenerstattungsprinzip bei niedergelassenen Ärzten komplett durch das Sachleistungsprinzip ersetzen.

Ihr Vorschlag, der schon ab Herbst im Parlament diskutiert werden könnte, stößt auf heftigen Widerstand der meisten Ärzteverbände, die vor einer Verstaatlichung der freien Medizin warnen.

Seit einigen Jahren werden Krankenhausaufenthalte sowie Arzneimittel direkt von den Kassen bezahlt. Für ambulante Behandlungen bezahlen Patienten bisher den Arzt direkt. Die Kosten werden dann binnen fünf bis zehn Tagen von der Krankenkasse erstattet.

Nur sozial schwache Patienten sind von der Kostenerstattungsregelung befreit. Dieses Verfahren ist für Ärzte allerdings langwierig und kompliziert, weil sie ihr Honorar selbst bei der Kasse geltend machen müssen.

Jetzt will die Ministerin das Sachleistungssystem für alle Patienten in der ambulanten Versorgung erweitern, weil sie das Modell für sozialer und gerechter als das Kostenerstattungssystem hält. Bis auf einen Verband haben sich alle ärztlichen Berufsverbände gegen diesen Vorstoß ausgesprochen.

Sie fürchten um ihren Status als Freiberufler, wenn sie ihr Honorar nicht mehr direkt von den Patienten erhalten. Zudem warnen Ärzte vor einer Senkung der Honorare, wenn die Budgets der Kassen vor Jahresende erschöpft sein sollten.

Weiterhin argumentieren die Verbände, das Sachleistungsprinzip sei bürokratischer und damit teurer als die Kostenerstattung, die im Jahr 1946 erstmals eingeführt wurde. Da es in Frankreich weder KVen noch Rechenzentren gibt, die sich mit Abrechnungen beschäftigen, müssten im Fall einer solchen Reform neue Einrichtungen erst gegründet werden.

Ärzte haben bereits mit Streiks und Protestaktionen gedroht, falls die Regierung an ihrem Vorhaben festhält. Umfragen zufolge begrüßt allerdings rund die Hälfte der Franzosen das Sachleistungsprinzip. (DDB)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gelistet als Best-Practice-Intervention

Psychische Gesundheit: OECD lobt deutsches Online-Programm iFightDepression

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums v.l.n.r.: Professor Karl Broich (BfArM), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christine Mundlos (ACHSE e.V.), Hauke Gerlof (Ärzte Zeitung), Dr. Johanna Callhoff (DRFZ), Professor Christoph Schöbel (Ruhrlandklinik, Universitätsmedizin Essen), Privatdozent Dr. Christoph Kowalski (Deutsche Krebsgesellschaft), Dr. Peter Kaskel (Idorsia)

© Thomas Kierok

ICD-11: Die Zeit ist reif für die Implementierung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Idorsia Pharmaceuticals Germany GmbH, München
Ein Medikament unter vielen, das wenigen hilft? 2400 Wirkstoff-Kandidaten in der EU haben den Orphan-Drug-Status.

© artisteer / Getty Images / iStock

Wirkstoff-Kandidaten mit Orphan-Drug-Status

Orphan Drugs – Risiken für ein Modell

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Ein junges Mädchen wird geimpft – gegen HPV? (Symbolbild mit Fotomodellen)

© milanmarkovic78 / stock.adobe.com

Vision Zero Onkologie

Die Elimination des Zervixkarzinoms

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Vision Zero e.V.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Früherkennung

PSA-basiertes Prostatakrebs-Screening: Langzeitdaten belegen Nutzen

Red Flags

Rückenschmerz: Wer muss sofort ins MRT?

Lesetipps
Vier mittelalte Frauen laufen gemeinsam über eine Wiese und lachen.

© Monkey Business / stock.adobe.com

Wechseljahre

5 Mythen rund um die Perimenopause: Eine Gynäkologin klärt auf

Makro-Nahaufnahme eines Auges mit okulärer Rosazea.

© Audrius Merfeldas / stock.adobe.com

Schwere Komplikationen möglich

Augen-Rosazea: Erst sind’s die Lider, später auch die Hornhaut