Kassenfinanzen

Für die GKV kommt es knüppeldick

Gute und schlechte Nachrichten enthält ein internes Kassenpapier, das die Finanzentwicklung skizziert: Im laufenden Jahr geht es glimpflich aus, 2021 stehen tiefrote Zahlen an.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Der Zusatzbeitrag könnte rechnerisch im kommenden Jahr auf bis zu 2,19 Prozent steigen – wenn der Bund nicht gegensteuert.

Der Zusatzbeitrag könnte rechnerisch im kommenden Jahr auf bis zu 2,19 Prozent steigen – wenn der Bund nicht gegensteuert.

© picture alliance/ZB

Berlin. Die Finanzsituation der gesetzlichen Kassen und der GKV insgesamt ist nicht so schlecht wie angenommen. Dafür wird es im kommenden Jahr für die GKV knüppeldick kommen: Rechnerisch könnte sich ein Zusatzbeitrag von 2,19 Prozent ergeben.

Das geht aus einem „Kassensturz“ betitelten Papier des GKV-Spitzenverbands hervor, das der „Ärzte Zeitung“ vorliegt. Das Datentableau war Grundlage des Treffens der Verbandsspitze mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am 4. September.

Wer zahlt für die fehlenden 16,6 Milliarden Euro?

Um den Zusatzbeitrag im kommenden Jahr bei 1,1 Prozent zu stabilisieren, wäre demnach ein finanzieller Ausgleich von 16,6 Milliarden Euro nötig, heißt es in dem Papier. Dieser müsste aus Steuermitteln gestemmt werden, wenn – im Wahljahr – eine Explosion der Zusatzbeiträge verhindert werden soll.

Dabei stehen die prognostizierten pandemiebedingten Belastungen, die für 2021 auf etwa 3,4 Milliarden Euro beziffert werden, nicht allein im Fokus der Finanzentwicklung. Eingeschlossen sind hier zusätzliche Ausgaben durch die erhoffte Verfügbarkeit eines Impfstoffs, Testungen über das ganze Jahr hinweg und Ausgaben für die Behandlung von COVID-19-Patienten.

Die Normalisierung der Leistungserbringung im Vergleich zum laufenden Jahr wird mit zusätzlichen Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen.

Anstieg der Ausgaben um 6,2 Prozent prognostiziert

Über alle Leistungsbereiche hinweg erwartet der Kassenverband im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 274,7 Milliarden Euro. Das wären 16,5 Milliarden Euro oder 6,2 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Dem stünden – auf Basis der letzten Wirtschaftsprognose der Bundesregierung – Einnahmen von 241,3 Milliarden Euro gegenüber, ein Plus von 0,4 Prozent zu 2020.

Für das laufende Jahr wird die Finanzsituation des Gesundheitsfonds optimistischer eingeschätzt als noch vor einigen Monaten. Ein Grund dafür seien „unerwartet hohe Beitragseinnahmen“ in den Monaten Mai und Juni, heißt es. Insgesamt werde sich das Defizit im Fonds voraussichtlich auf 4,6 Milliarden Euro belaufen.

Einberechnet ist dabei bereits der zusätzliche Bundeszuschuss von 3,5 Milliarden Euro, der dem Gesundheitsfonds zum 15. Juli zugeflossen ist.

Testkosten werden auf rund 700 Millionen Euro taxiert

Etwas entspannt sich die Finanzsituation auch dadurch, dass die Aufwendungen für COVID-19-Testkosten vom Spitzenverband auf „nur“ etwa 700 Millionen Euro geschätzt werden. Ursprünglich war von Test-Ausgaben von bis zu 1,8 Milliarden Euro ausgegangen worden.

Im Endergebnis wird, anders als zuvor befürchtet, Anfang Januar 2021 die Mindestreserve im Gesundheitsfonds von 4,3 Milliarden Euro nicht unterschritten. Damit müsste der Fonds dann auch kein Liquiditätsdarlehen beim Bund in Anspruch nehmen.

Für die Kassen hatte sich – wie berichtet – im ersten Halbjahr ein Überschuss von 1,29 Milliarden Euro ergeben. Dieser war maßgeblich verursacht durch Ausgabenrückgänge im Krankenhaus, bei Zahnärzten, Heilmittelerbringern sowie Reha-Einrichtungen. Diese entlastende Wirkung der Pandemie wird sich aufs ganze Jahr gesehen auf 2,5 Milliarden Euro addieren.

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Unterm Strich aber rechnet der Spitzenverband mit Ausgaben von 258,2 Milliarden Euro und einem Defizit zum Jahresende von rund drei Milliarden Euro. Damit werde sich der Vermögensabbau bei Krankenkassen – anders als noch im ersten Halbjahr – fortsetzen.

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