Corona-Pandemie

Furcht vor Behandlungskollaps in Großbritannien wächst

In Großbritannien könnten Wartelisten für Op und Behandlung bis zum Jahresende auf über zehn Millionen Patienten steigen. Denn die Kapazitäten im staatlichen Gesundheitswesen (NHS) betragen derzeit wegen COVID-19 maximal 60 Prozent.

Arndt StrieglerVon Arndt Striegler Veröffentlicht:
Schriftzug beim Nationalen Gesundheitsdienst (NHS): Ganz so rosig sieht es leider bei den Finanzen und Strukturen des staatlichen Gesundheitswesen in Großbritannien nicht aus.

Schriftzug beim Nationalen Gesundheitsdienst (NHS): Ganz so rosig sieht es leider bei den Finanzen und Strukturen des staatlichen Gesundheitswesen in Großbritannien nicht aus.

© dpa

London. Wegen der Corona-Krise wird sich die Zahl der Patienten auf Wartelisten in Großbritannien bis Ende des Jahres mit voraussichtlich über zehn Millionen Patienten mehr als verdoppeln. Das haben Berechnungen des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS (National Health Service) ergeben.

„Es ist korrekt, dass wir derzeit mit maximal 60 Prozent Kapazität operieren, weil sonst die Einhaltung der Hygienebestimmungen nicht möglich ist“, bestätigt ein Manager eines großen Londoner NHS-Krankenhauses der „Ärzte Zeitung“. „Das wird dazu führen, dass immer mehr Patienten auf eine Diagnose, Behandlung oder eine Operation warten müssen.“

Viele Herz- und Krebspatienten auf der Warteliste

Derzeit warten im Königreich nach Angaben des Londoner Gesundheitsministeriums rund 4,2 Millionen Patienten auf eine Operation, eine fachärztliche Konsultation oder auf eine Behandlung beziehungsweise auf eine Diagnose, darunter viele Herz- und Krebspatienten.

Die Tendenz war zwar schon vor der Corona-Pandemie steigend. Der NHS, der zu mehr als 90 Prozent aus allgemeinen Steuern finanziert wird, gilt seit vielen Jahren als chronisch unterfinanziert und infolgedessen als marode. Viele staatliche Kliniken operierten bereits hart an der Auslastungsgrenze.

Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden nun landesweit tausende Operationen und andere Behandlungen kurzfristig abgesagt, um so freie Kapazitäten in den Kliniken zu schaffen und COVID-19-Patienten behandeln zu können. Der Behandlungsstau für andere Patienten wuchs derweil.

Berufsverbände schlagen Alarm

Ärztliche Berufsverbände, Pflegergewerkschaften und andere Gruppen schlagen jetzt Alarm. Es drohe bereits im Herbst die „Katastrophe“, da dann bis zu zehn Millionen Patienten nicht länger zeitnah versorgt werden könnten, so ein Sprecher des wichtigsten britischen Medizinerverbandes (British Medical Association, BMA) in London.

Die Zahl von zehn Millionen wartenden Patienten stammt von der „NHS Confederation“, einer Mitgliederorganisation, in der alle im NHS Tätigen zusammengeschlossen sind. Die BMA und andere Gruppen verlangen daher von Gesundheitsminister Matt Hancock eine Finanzspritze in Höhe einer dreistelligen Millionensumme in Pfund, um den „totalen Kollaps des NHS“ zu vermeiden.

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