Wie Pflegeheime beurteilen?

Gegenvorschlag zu Pflegenoten

Die MDK-Pflegenoten sind in die Kritik geraten - zu sehr stehe die Dokumentation im Fokus, nicht die tatsächliche Versorgung. Jetzt wird ein alternatives Messverfahren erprobt.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
"Pflegenote 5" - die bisherige Bewertung von Pflegeheimen fokussiert zu wenig auf die tatsächliche Versorgungsqualität, kritisieren Experten.

"Pflegenote 5" - die bisherige Bewertung von Pflegeheimen fokussiert zu wenig auf die tatsächliche Versorgungsqualität, kritisieren Experten.

© blickwinkel / imago

KÖLN. Um die Pflegequalität in Altenheimen zu ermitteln, gibt es bessere Methoden als die Verteilung von Pflegenoten.

Die Arbeit mit ergebnisorientierten Kennzahlen ermöglicht ein realistisches Abbild der tatsächlichen Versorgungssituation und gleichzeitig die Weiterentwicklung der Heime.

Das zeigt das Modellprojekt "Ergebnisqualität Münster - EQ-MS" des Diözesancaritasverbands Münster.

65 Altenheime beteiligen sich

Basis des Projekts sind die "Instrumente zur Beurteilung der Ergebnisqualität in der stationären Altenhilfe", die das Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW) und das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik im Auftrag des Bundesgesundheits- und des Bundesfamilienministeriums entwickelt und erprobt hatten.

Ende 2011 haben 41 stationäre Altenpflegeeinrichtungen der Münsteraner Caritas damit begonnen, das Konzept umzusetzen. Inzwischen machen 65 Altenheime mit, darunter auch Häuser anderer Träger.

Zentraler Bestandteil der "EQ-MS" ist die halbjährliche Erhebung der Pflege- und Versorgungsqualität bei jedem einzelnen Bewohner durch ein Indikatoren-Set.

Die Indikatoren erfassen Bereiche wie den Erhalt und die Förderung der Selbstständigkeit oder den Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen.

Die Erhebung wird einmal pro Jahr ergänzt durch eine Befragung der Bewohner durch Mitarbeiter anderer Einrichtungen, die Erfassung der Teilnahme an Aktivitäten der Einrichtung und die schriftliche Befragung der Angehörigen.

Qualitäts-Entwicklung und Personal-Entwicklung

Das IPW schult die an dem Projekt beteiligten Mitarbeiter. Außerdem werten die Wissenschaftler die Erhebungsbögen aus und erstellen Qualitätsberichte für die einzelnen Heime. Inzwischen liegen Daten zu 6000 Altenheimbewohnern vor.

Anders als die Benotung der Heime durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ziele EQ-MS nicht auf die Prüfung der Dokumentationsqualität, sondern auf die Inhalte und Ergebnisse der Pflege, sagt Anne Eckert, Leiterin des Referats Altenhilfe und Sozialstationen beim Caritasverband für die Diözese Münster.

Das biete Einrichtungen die Chance, Schwachstellen zu erkennen und zu beheben - etwa durch Fortbildung. "Das Verfahren dient nicht nur der Qualitäts-Entwicklung, sondern auch der Personal-Entwicklung."

Die Erfahrungen in dem Modellprojekt zeigen nach ihren Angaben, dass die von den Wissenschaftlern entwickelten Instrumente praxistauglich sind. "Es ist machbar, erfordert aber Ressourcen."

Nicht schematisch von außen geprüft

Die Qualitätsberichte seien für die Pflegedienstleitungen zu einem Steuerungsinstrument geworden. "Sie sehen, wo die Einrichtungen im Vergleich zu anderen stehen, wie die eigene Qualität ist."

Ein weiterer Vorteil sei, dass die Pflegenden nicht schematisch von außen geprüft werden, sondern sich konstruktiv mit ihrem eigenen Handeln auseinandersetzen.

Nach Eckerts Einschätzung ist EQ-MS deutlich besser als die MDK-Prüfungen geeignet, die Pflegequalität zu bewerten und zu verbessern. "Das ist ein Projekt, das den Bewohnern und den Mitarbeitern zugutekommt."

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gesetzliche Krankenkassen

Streit um GKV-Sparpaket: Bundesregierung bietet Kompromiss an

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an