„Die fetten Jahre sind vorbei“

Kassen warnen vor steigenden Beiträgen

Teure Gesundheitsreformen und eine schwächelnde Konjunktur machen Kassenchefs zunehmend nervös: Die Beiträge könnten steigen, so die Ansicht.

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Gesundheitskarte, Geldscheine und Münze: Mehrere Kassenchefs prognostizieren eine Steigerung oder Beiträge – oder hoffen vielleicht darauf.

Gesundheitskarte, Geldscheine und Münze: Mehrere Kassenchefs prognostizieren eine Steigerung oder Beiträge – oder hoffen vielleicht darauf.

© Christian Ohde / chromorange / picture alliance

BERLIN. Deutschlands Krankenkassen sind in Alarmstimmung. Sie fürchten steigende Beiträge für ihre Versicherten. Der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz, betonte am Montag: „Eins kann man sicher sagen: Die Regierungspolitik wird die Beitragszahler so einiges kosten.“

Auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die Beitragszahler kämen „erhebliche zusätzliche Belastungen zu“, sagte der Chef der Barmer-Krankenkasse, Professor Christoph Straub, am Montag der „Ärzte Zeitung“. Die Belastungen ergäben sich durch Gesetze der Bundesregierung, „die Milliarden kosten“.

Zum anderen wirkten sich die schwächelnde Konjunktur und der damit einhergehende Rückgang der Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter negativ aus. Straub verknüpfte seine Warnung mit dem Ruf nach einer Reform des Finanzausgleichs der Kassen untereinander (Morbi-RSA). Dann könnten auch die Kassen, „die derzeit durch den fehlerhaften Morbi-RSA finanziell massiv benachteiligt sind, die Herausforderungen bewältigen“.

Gesetze treiben Kassen zu Ausgaben

„Die fetten Jahre sind vorbei“, sagte der Vorstandschef des BKK-Dachverbands, Franz Knieps. Nahezu jedes Gesetz und jeder Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium enthalte zudem Dinge, die die Preise für die gesetzliche Krankenversicherung nach oben treiben könnten. „Ich bestreite ja nicht, dass es an bestimmten Dingen Nachholbedarf gibt, um Versorgungslücken zu schließen.“ Dazu gehöre zum Beispiel die soziale Situation junger Krebskranker. „Ich denke, da muss etwas nachgebessert werden.“

Die Gesetzentwürfe von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gäben an vielen Stellen jedoch „money for nothing.“ Es werde zusätzliches Geld ins System gepumpt, ohne dass sichergestellt sei, „dass dieses Geld in Form von verbesserten Leistungen und Services bei den Patienten oder Versicherten ankommt“.

Baas nennt konkrete Zahlen

Zuvor hatte bereits der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, gewarnt, die Kassen könnten ihre Beiträge bei sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben auf Dauer nicht halten. Dass die Ausgaben stiegen, liege auch an „teuren Reformen aus der laufenden und der vorangegangenen Wahlperiode“, sagte Baas dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ am Montag. Laut Baas summieren sich die Kosten auf zehn bis 15 Milliarden Euro jährlich. Auch Baas mahnte eine rasche Finanzreform an. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Kassen in die Pleite schlitterten. Die AOKen bekämen rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr mehr, als sie zur Versorgung ihrer Versicherten ausgeben würden. „Das Geld fehlt entsprechend bei den anderen Kassen.“

Die AOKen haben diesen Vorwurf zuletzt entschieden zurückgewiesen. Sie betonten, sich den Wettbewerbsvorteil durch bedarfsgerechtes Kostenmanagement selbst erarbeitet zu haben. Nicht alles, was dem Morbi-RSA an Einfluss angedichtet werde, sei auch zutreffend.

Mit Spannung werden jetzt die aktuellen Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises erwartet. Dieser tritt in knapp zwei Wochen zusammen. Auf Basis seiner Berechnungen legt das Bundesgesundheitsministerium den durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das nächste Jahr fest. (hom/af)

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