Frankreich

Kassen wollen elektronischer AU den Stecker ziehen

In Frankreich sorgt die Option, sich online krankschreiben zu lassen für Furore. Patienten nehmen das Angebot gut an, die Krankenversicherung will das Portal stoppen.

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Seit 7. Januar können Krankenversicherte in Frankreich online eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Kassen kritisieren das Angebot.

Seit 7. Januar können Krankenversicherte in Frankreich online eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Kassen kritisieren das Angebot.

© Stefan Redel / stock.adobe.com

Paris. Seit 7. Januar haben die Franzosen die Möglichkeit, sich online von einem Arzt krankschreiben zu lassen. An jenem Tag wurde die französische Fassung des deutschen Portals „AU-Schein“ gestartet. Der Erfolg war so groß, dass das Portal schon am ersten Tag wegen Überlastung für einige Stunden unerreichbar wurde.

Die Begeisterung der Franzosen für www.arretmaladie.fr könnte aber bald zu Ende gehen: Während die meisten Ärzteverbände heftig gegen „SB-Krankschreibungen“ protestieren, hat das höchste Gremium der französischen Krankenversicherung, die Caisse Nationale d’Assurance Maladie (CNAM), angekündigt, sich per einstweiliger Anordnung um eine Schließung des Portals zu bemühen.

Verschärfte Sanktionen gegen Ärzte

Die CNAM zeigt sich empört, da sie seit Jahren regelmäßig Informationskampagnen veranstaltet, um Patienten klar zu machen, dass eine Krankschreibung kein „Recht“ sei – nur medizinische Gründen seien hier ausschlaggebend. Darüber hinaus wurden Kontrollen und Sanktionen gegen Ärzte verschärft, die unnötig oder zu oft Patienten krankschreiben. Diese können von Honorarabzügen bis zum Entzug der Kassenzulassung für einige Wochen oder Monate reichen.

Auch Patienten werden immer häufiger kontrolliert. Klingelt ein Kassenkontrolleur an der Tür eines krankgeschriebenen Patienten, der tatsächlich gesund und munter ist, drohen Konsequenzen. Diese Aktionen haben Wirkung gezeigt. Inzwischen geben die Kassen deutlich weniger aus für Krankengeld als noch vor einigen Jahren.

Obwohl die Beziehungen zwischen der Krankenversicherung CNAM und den Ärzteverbänden oft gespannt sind, stehen Ärzte in diesem Fall an der Seite der Kassen. Fast einstimmig werten die Verbände die elektronische AU als automatisiertes und unseriöses Diagnoseverfahren. Sie mahnen, Krankenscheine dürften nicht wie eine Pizza online bestellt werden. Auch die nationale Ärztekammer erwägt, gegen das Portal rechtlich vorzugehen.

Rückerstattung der Gebühr von 25 Euro?

Auf seiner Webseite veröffentlicht arrêtmaladie.fr lobende Artikel, die den Erfolg des Portals in Deutschland beschreiben, Kritik aber ausblenden. Der Portalbetreiber erklärt auch, dass Patienten, die 25 Euro für eine telemedizinische Besprechung einschließlich Krankschreibung zahlen, das Recht haben müssten, das Geld von ihrer Krankenversicherung rückerstattet zu bekommen.

Dies ist aber nur dann richtig, wenn Patienten belegen können, dass sie ihren Hausarzt vor der Kontaktaufnahme mit dem Portal nicht erreichen konnten – in Frankreich gilt das Primärarztmodell als Bedingung für eine Kostenübernahme. Aus diesem Grund hält die CNAM die Behauptung der Portalbetreiber für irreführend.

Die CNAM wird vermutlich schon bald eine Eilklage einreichen, um sich den langen Klageweg bis zu einem Urteil zu ersparen. (DDB)

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