Köhler holt zum Rundumschlag gegen Hausarzt-Vollversorgerverträge aus

Der KBV-Chef attackiert die Pauschalvergütung und spricht dem Hausärzteverband in der Selbstverwaltung die Legitimation ab.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

DRESDEN. Der Stachel sitzt tief: In scharfer Form hat KBV-Chef Dr. Andreas Köhler seine Kollegen vor dem Abschluss von Hausarztverträgen gewarnt. Sicherlich gehöre die pauschale Vergütung, die je nach Vertrag zwischen 75 und 85 Euro je eingeschriebenem Patient und Quartal liegt, zu den "angeblichen" Vorteilen, "werden allerdings tendenziell mehr behandlungsaufwendige multimorbide Patienten eingeschrieben, deckt die Pauschale samt Chronikerzuschlag oft die notwendigen Leistungen nicht ab", so der KBV-Chef. Sicherlich sei die Abrechnung im Kollektivvertrag deutlich aufwendiger, doch jeder Hausarzt müsse sich fragen, ob die relativ einfache Abrechnung eines Vertrages mit der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft nicht dadurch konterkariert werde, dass die Verträge pro Kasse unterschiedlich seien.

Für die Zukunft malte der KBV-Vorstand ein düsteres Bild. Ärzte, die sich in Hausarztverträge eingeschrieben haben, warnte Köhler: "Gerüchten" zufolge wolle eine große Krankenkasse "Ihre Patienten befragen, Ihre Praxis begehen und in Abhängigkeit von dem Ergebnis und Ihrer Willfährigkeit dann entscheiden, ob Sie weiterhin Vertragspartner bleiben oder nicht". Zudem gab er zu bedenken, dass die Vergütung in Hausarztverträgen noch abgesenkt werden könnte. Zudem könne sich jeder selbst ausmalen, welche Vertragsinhalte noch in die Verträge aufgenommen würden. Dr. Berthold Dietsche, Chef des Hausärzteverbandes in Baden-Württemberg, wies die Kritik entschieden zurück, zumal sich die Vorwürfe im Wesentlichen auf Gerüchte und Mutmaßungen bezögen.

Darüber hinaus kritisierte Köhler, dass der Hausärzteverband Stellung und Einfluss wie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts fordere, allerdings ohne deren verbindliche Verpflichtungen übernehmen zu wollen. Die Forderung, als Spitzenorganisation in den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung vertreten zu sein, wäre aus Sicht des KBV-Chefs nur unter einem Gesichtspunkt vertretbar, nämlich dann, wenn die völlige Trennung der fachärztlichen von der hausärztlichen Versorgungsebene vollzogen werde. Köhler: "Folgerichtig wäre dann allerdings auch, die Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrer jetzigen Form endgültig abzuschaffen und die fachärztliche Versorgungsebene ebenfalls über einen Verband in der gemeinsamen Selbstverwaltung zu positionieren, sofern es dann überhaupt noch eine gemeinsame Selbstverwaltung geben kann." Eine doppelte Vertretung der Hausärzte über die KVen und den Verband wäre systemwidrig, nicht nachvollziehbar und den anderen Fachgruppen gegenüber ungerecht, so Köhler.

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